Kurzkritik:Liebe muss her

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"Josef und Maria" in der Komödie im Bayerischen Hof

Von FRanziska REntzsch

MünchenWas im Titel noch nach Weihnachtszauber klingt, stellt der Spielort bereits in Frage: Nach Ladenschluss treffen Josef und Maria, er Wachmann, sie Putzfrau, in einem Kaufhaus aufeinander. Er hat sich für den Dienst einteilen lassen, damit der Abend schneller vorbeigeht. Sie springt als Aushilfe ein, weil sie von ihrem Sohn kurzfristig vom Weihnachtsfest ausgeladen wurde, "damit es keinen Unfrieden gibt". Dabei geht es Josef und Maria bereits beim Kennenlernen so, wie anderen Paaren gegen Beziehungsende: Sie reden nicht miteinander, sondern aneinander vorbei. Während sie ihm ihr Leid klagt, schwelgt er in Erinnerungen und schwadroniert über schwindende Ideale: "Früher, als ich für den Sozialismus agitiert habe, haben mich die Leute beschimpft. Und heute lachen sie mich nicht einmal mehr aus." Im Hier und Jetzt aber haben die beiden nur einander. Und da schließlich Heiligabend ist und sonst niemand in Sicht, muss Liebe her.

Die Figuren in Peter Turrinis Stück "Josef und Maria" sind als gescheiterte bürgerliche Existenzen angelegt. Fern kommerzieller Weihnachtsklischees sehnen sie sich nach Zweisamkeit. Fragt sich, wieso die Inszenierung in der Komödie im Bayerischen Hof von Peter Preissler auf eine so seichte Interpretation und flapsigen Humor setzt und den Figuren jede Tiefe nimmt. Da lüftet "Frau Maria" ihr Kleid und streckt Josef den Hintern entgegen, damit er sich mal ihre Bandscheibe genauer ansehen kann, und der "Herr Josef" fällt am Ende gleich zweimal aus dem gemachten Bett.

Genauso, wie die Beziehung der beiden, entwickelt sich auch das Stück. Mühsam, plakativ, vorhersehbar. Dabei umtänzeln Jutta Speidel und August Schmölzer einander vor einem dankbaren Publikum. Randbemerkungen über Josef als gescheiterten Schauspieler oder Maria als verkannte Varieté-Tänzerin werden mit Schenkelklopfern bedacht, so lange, bis man sich in der Pause wieder den wichtigen Dingen des Lebens widmen kann: "Wie hieß noch gleich die gut frisierte Dame in der ersten Reihe?" Noch so eine Frage, die unbeantwortet bleibt.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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