Kurzkritik:Lautleise

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Ivan Repušić kämpft mit der Akustik

Von Klaus Kalchschmid, München

Eigentlich ist die Akustik der Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen exzellent; aber an den wenigen, umso lauteren Stellen des Requiems von Maurice Duruflé, das Ivan Repušić nach dem "Concerto gregoriano" von Ottorino Respighi in der Reihe "Paradisi Gloria" dirigierte, dröhnte vor allem das Münchner Rundfunkorchester derart, dass Ohren und Hirn dem Hörer einen nicht unbeträchtlichen Geräuschanteil vorgaukelten.

Repušić muss den Komponisten teilweise missverstanden haben, als dieser schrieb: "Dieses Requiem ist oft dramatisch, aber auch von Resignation erfüllt, von Hoffnung, von Staunen." Denn die feinen, oft sehr meditativen Momente überwiegen; den BR-Chor (Einstudierung: Michael Gläser) konnte man nur bewundern, wie exzellent er Duruflés Musik sang, die von gregorianischen Melodien ausgeht und diese ebenso archaische wie faszinierende Einstimmigkeit seiner Klangsprache anpasst und umgekehrt. Das hatte einen großen Zauber, sei es im Wechsel von Frauen- und Männerchor oder in der raffinierten Überblendung von beiden. Hinzu kamen als Gesangssolisten Mezzosopranistin Okka von der Damerau, die leider nur das "Pie Jesu Domine - Milder Herr Jesus" adeln durfte, und der Bariton Ljubomir Puškarić, der zweimal, aber noch weniger zu singen hatte.

Auch das 1921 komponierte "Concerto gregoriano" für Violine und Orchester von Ottorino Respighi verwendet Gregorianik, aber hier musste man sie mit der Lupe suchen. Denn sie war gut versteckt in der Üppigkeit des anspruchsvollen Solo-Parts, den Henry Raudales mühelos meisterte, und nicht selten in einem spätromantischen Aufrauschen und Verdichten im Orchester. Zwei Andante-Sätze gingen ineinander über, bevor der dank Celesta schon überirdischen Verklärung noch ein affirmatives "Halleluja" folgte. Das war ein so ganz anderer Schluss als das berückend lakonische "Habeas requiem - Mögest Du ewige Ruhe erlangen" am Ende von Duruflés Requiem.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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