Es ist ein umfassendes Programm, das der junge Pianist Jaeyeon Won, eingesprungen für Jorge Emilio González Buajasán, bei "Klassik vor Acht" im Herkulessaal präsentiert: Haydn, Liszt, Bartók, Schumann. Dezidiert und zugleich hübsch parlierend, agogisch manchmal fast frei anmutend, geht Won Haydns Klaviersonate Nr. 48 an, ruhig in der Pedalbehandlung. Das klingt elegant und verleiht dem Rondo charmante Frische. Ob dabei nun jedes Klangereignis ausreichend erkundet und jede geschwinde Figur bis ins Detail akkurat ausgespielt wird, ist die Frage. Bei Liszts Apparition Nr. 1 im Anschluss wohl nicht. Dennoch ist Wons ätherischer Ton, den er hier anschlägt, wunderschön.
Erstaunlich, dass Won nach dem Liszt den Applaus durch eine Attacca-Überleitung zu Bartóks Klaviersuite "Im Freien" unterbindet; dieser dichte Übergang wäre nicht zwingend. So oder so, Won spielt Bartóks kontrastierende Sätze kontrolliert und im jeweiligen Ausdruck hervorragend koloriert. Natürlich spielt bei dieser Komposition klopfende Motorik eine Rolle, insbesondere in den Sätzen "Mit Trommeln und Pfeifen" und "Hetzjagd". Won meistert sie mit einer technischen Virtuosität, die er fortan bis in den Zugabenteil aufrechterhält. Mindestens ebenso beeindruckt aber, wie zart und gläsern er die "Klänge der Nacht" einfängt.
Dennoch ist es Schumanns Humoreske op. 20, die den interpretatorischen Höhepunkt bildet. Man darf bei diesem Werk nicht an ein kurzes, freundliches Stück wie Dvořáks Humoreske Nr. 7 denken. Schumanns op. 20 ist in der Werkanlage mächtig, mehrteilig und innerhalb dieser Abschnitte nochmals in Stimmungsbilder untergliedert. Won hat das Rüstzeug, um hier gestalterisch zu bestehen. Und obgleich er sich im Filigranen wieder einige undeutliche Aussagen leistet, manchen Melodiebogen durchaus kräftiger erblühen lassen könnte, ist sein langer erzählerischer Atem überzeugend.