Kurzkritik:Lange Symbiose

Martha Argerich und Mischa Maisky im Herkulessaal

Von Michael Stallknecht, München

Nimmt sich Mischa Maisky gerade viel Zeit für eine Überleitung, dann linst Martha Argerich manchmal über die Schulter zu ihm hin. "Machen wir weiter?", scheint der Blick zu fragen. Doch meistens versteht man sich blicklos. Der Cellist und die Pianistin sind schon lange ein musikalisches Paar, aktuell befinden sie sich auf der 40-Years-Friendship-Tour. Die drei Werke des Abends - Schuberts Arpeggione-Sonate, Beethovens Opus 5/2 und César Francks A-Dur-Sonate - liegen alle auf Platte vor. Eine solch langjährige Symbiose schließt sogar das Publikum ein, unter drei Zugaben kommen beide nicht von der Bühne des Herkulessaals. Dabei hat die Zeit bei Maisky durchaus Spuren hinterlassen, besonders heftige in der Intonation. Argerich dagegen spielt mit der gewohnten Klarheit, Virtuosität und Diktion. Damit dominiert sie paradoxerweise sogar in Begleitfiguren, bei denen sie sich vorbildlich zurücknimmt. Ihre berühmte Löwenpranke dagegen lässt sie diesmal stecken. Sogar Francks A-Dur-Sonate - eigentlich ein Violinwerk, aber in einer vom Komponisten autorisierten Cellofassung vorliegend - bleibt versonnen. Maisky und Argerich spielen sie ohne Pausen zwischen den Sätzen als große, rhythmisch frei gehandhabte Rhapsodie. Aber das bleibt auch das Einzige, was auffallend originell wirkt. Meistens vertrauen die beiden der Gunst des Augenblicks, der sich aus einem Geben und Nehmen ergibt. Das wirkt manchmal so vertraut, als nehme das Publikum an einem Hauskonzert teil.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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