Kurzkritik:Kleine Fluchten

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Der Kölner Alltagspoet Peter Licht im Feierwerk

Von Ralf Dombrowski, München

Kaum betritt er die Bühne des Feierwerks, schon schweben ihm Seifenblasen entgegen. Denn Meinrad Jungblut ist der Peter Poppins der Urbanauten, eine Mischung aus Luftballonmann und Alltagspoet, dessen Kombination von Denkklamauk und Tiefsinn zum Lebensgefühl der Teilzeit-Bohême passt. Unter dem Signum Peter Licht bringt der Kölner Wichtig-, Richtig- und Nichtigkeiten auf engem Raum zusammen und verknüpft sie zu Liedern, die an der Oberfläche mit Naivität und Schlichtheit spielen, dabei aber ein klares Konzept gegen die Dominanz des Rationalen verfolgen. Dazu vertont er schon mal eine Pressemitteilung des Arbeitgeberpräsidenten oder träumt sich in die kleinen Fluchten seines Sonnendecks. Oder verabschiedet sich ausdauernd vom Kapitalismus, der ja nun eigentlich vorbei sein müsste. Licht spielt mit den Ebenen, stellt Einsichten wie "Wer sich schneller entspannt, ist besser als jemand, der sich nicht so schnell entspannt" neben ein lakonisches Fazit wie "Wer tot ist, geht auf die Nerven". Er singt putzige Liebeslieder wie den "Safarinachmittag", nähert sich aber ebenso der politischen Dimension der Dada-Idee, wenn er die "Internationale" in die "Emotionale" umdichtet und dabei Verse verfasst wie: "Auf zum letzten Verzicht! Die hinterfotzigen Hintergründe des Systems kommen jetzt ans Licht! Borderliner aller Länder grenzt euch ab und macht dicht: In den Zeiten nach dem Ende der Geschichte schmeckt die Suppe nicht!"

Damit dieser Cocktail der im Kern nachdenklichen Impulse nicht zu abgehoben wirkt, packt Peter Licht seine Worte in Musik zwischen Liedermacherei, sublimiertem Deutschpop und Disko-Gehopse, schlüpft selbst in ein Nerdkostüm mit Pünktchenhose, tanzt zuweilen mit einer Neonröhre und lässt sich von dem geduldigen Freak Benedikt Filleböck mit Klavier und allerlei Instrumenten begleiten. Gegen Ende des Konzerts packt einer im Publikum die Seifenblasen in Gauklergröße aus. Die Botschaft von Peter Licht ist angekommen.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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