Kurzkritik:Klarheit hören

Lesezeit: 1 min

Juan Pérez Floristán bei "Klassik vor Acht"

Von Andreas Pernpeintner, München

Als sich der Pianist Juan Pérez Floristán bei "Klassik vor Acht" absolut pünktlich ans Klavier setzt, ist das Publikum noch unsortiert, und so gehen Liszts dunkle, nebelige, tiefgründige und nicht zuletzt rasch vorüberziehende "Nuages gris" im Ordnen von Kleidungsstücken, Taschentüchern und Hochdrehen von Hörgeräten ziemlich unter. Das ist schade, aber auch nicht allzu schlimm, denn mit der übermächtigen h-Moll-Sonate folgt auf dem Fuße noch ein enormer Brocken Liszt: Was bei Floristáns Interpretation dieser Sonate auffällt, sind sein Ernst, seine Konzentration, ist die bemerkenswerte Klarheit, mit der er die Komposition strukturell hörbar macht. Das ist präzise, fasslich in der Diktion und dadurch sehr schön.

Floristán vermeidet dabei heftige Ausdrucksmaxima - anzusehen ist ihm durch die Ruhe, mit der er vor der Klaviatur sitzt, die Ausdrucksintensität ohnehin kaum. Doch keineswegs soll damit der Eindruck erweckt werden, Floristáns Spiel sei unbeseelt. Es ist dezidiert und kernig, technisch halsbrecherisch, lyrisch und süß. Aber eben stets ausgewogen.

Bemerkenswert ist auch, dass sich der junge Pianist an diesem Abend gleich zweimal auf die Langstrecke begibt. Nach kurzem Abgang vom Podium lässt er der Liszt-Sonate Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung" folgen. Auch hier erweisen sich die Charakteristika seins Spiel als hervorragende Herangehensweise: Sein dramaturgisches Gespür gestattet es ihm, die vielen kontrastierenden Stimmungsbilder adäquat zu beleuchten und sie zugleich - oft mit der zwischengeschalteten, im Ausdruck stets variierten "Promenade" - schlüssig zu verbinden. Auch hier ist der Hang zur pianistischen Contenance goldrichtig: Es mag überraschen, dass "Das große Tor von Kiew" zunächst gar nicht sonderlich monumental aus dem Flügel hervortönt. Doch genau das bietet Floristán die Möglichkeit, sich zum endgültigen Finale nochmals zu steigern und in gleißendem Licht zu enden. Großer Applaus, zwei Zugaben.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: