Kurzkritik:Indierock mit Kater

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Der britische Newcomer Sam Fender im Technikum

Von Vivian Harris, München

Sam Fender fühlt sich wie Hundescheiße. Dank des nordenglischen Akzents, in dem er dem Publikum diese Info zunuschelt, klingt das auch noch fast charmant. So ein Kater auf der Bühne sei ihm aber gegönnt, schließlich ist der Musiker gerade 23 geworden. Um Mitternacht kamen die Bandkollegen vorbei, erzählt er - mit Rotwein. Das bedeutet aber nicht, dass seine Performance darunter leidet, in jungen Jahren steckt man so einen Rausch ja auch noch relativ gut weg.

So verschlafen wie Fender bei manchen Ansagen auch klingen mag, so kraftvoll ist seine Stimme während Songs wie "Play God", seinem bislang bekanntesten Werk, das von Überwachung und totalitären Systemen handelt. Oder beim treibenden "Dead Boys", das die steigende Suizidzahl bei jungen Männern thematisiert.

Nein, es sind nicht die leichtesten Themen, denen sich der Songwriter aus der Nähe von Newcastle in seiner Musik annimmt. Auch Songs, die sich musikalisch zunächst weniger düster anhören, sind alles andere als seichte Liebeslieder. Mal geht es um Kinder, die am Gazastreifen bombardiert werden, mal um die Konsumgesellschaft, anstehende Kriege oder den Brexit. Fender kombiniert eingängige Indierock-Melodien mit gehaltvollen, gesellschaftskritischen Texten, verzichtet live auf jegliche visuelle Effekte oder explosive Lichtshows.

Im Vordergrund stehen meist ein weicher E-Gitarrensound und die markante Stimme des Musikers. Mit solchen Kompositionen hat er es unter anderem auf die "BBC Sound Of 2018"-Liste geschafft, die voraussagt, welchem Künstler in diesem Jahr der Durchbruch gelingen könnte. Seitdem hat Fender bereits zahlreiche Singles veröffentlicht, passend zur neuen Playlist-Hörgewohnheit. Im August dieses Jahres wird dann aber, ganz klassisch, sein Debütalbum "Hypersonic Missiles" erscheinen.

© SZ vom 27.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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