Kurzkritik:Immer brachial

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Trombone Shorty in der Muffathalle

Von Oliver Hochkeppel, München

Wer wie beim Jazz gewohnt ohne Gehörschutz bei Trombone Shorty in der Muffathalle anrückte, der musste das schnell bereuen. Brach doch nach dem manierlichen Auftritt des kurzfristig als Vorband verpflichteten Saxofonisten Max Merseny - der mit seinem David-Sanborn-Souljazz nicht zuletzt dank seines exzellenten Quartetts eine gute Figur machte - ein regelrechter Orkan los. Die Rhythmusgruppe von Trombone Shortys Begleitband Ocean Avenue ließ einen mit Joey Peebles' krachendem Schlagzeug, Pete Muranos kreischender E-Gitarre und Mike Bass-Bayleys chronisch übersteuertem E-Bass zunächst an ein Hardrock-Konzert denken, bis der Meister selbst in Triumphpose mit seinen zwei Saxofonisten Dan Oestreicher am Bariton und BK Jackson am Tenor dazukam.

Nun war dieser Troy Andrews, den sie seit seinen Kindertagen Trombone Shorty nennen, schon immer viel eher ein New-Orleans-Musikant als ein reiner Jazzmusiker. Bei seinem Debüt fürs Blue Note Label "Parking Lot Symphony" aber ist vor allem live der Jazz-Anteil so niedrig wie nie. Nicht ohne Grund war er damit gerade Vorband der großen Red Hot Chili Peppers und nennt die Sache selbst "Supa-funkrock". Hört man genauer hin, ist es nichts weniger als der Versuch, die komplette New-Orleans-Tradition von Louis Armstrong bis zu den Neville Brothers samt den parallelen R&B- und Funk-Ikonen von James Brown bis zu Mothers Finest zu einem eigenen Sound zu verdichten.

Die spieltechnischen Fähigkeiten dieser Band, insbesondere die gestochenen Bläsersätze, und über allem das Tempo und die Lässigkeit von Andrews Posaune sind imposant wie immer, unglaublich ist aber vor allem der jede Bigband in den Schatten stellende Druck, den sie entwickelt. Er wäre das sicher auch mit ein paar Dezibel Schalldruck weniger geblieben.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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