Ein starkes Moment des Dialogischen prägt dieses Konzert des Münchener Kammerorchesters im Prinzregententheater. Zwei zeitgenössische Kompositionen begegnen einander: Fabio Nieders "Dem Doppelgänger in memoriam" und George Benjamins "Into the little Hill"; Schumanns Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52 wurde dem vorausgeschickt. Und auch innermusikalisch kommt der Gegenüberstellung Bedeutung zu: Nieder verhandelt zwei Schubert-Lieder, "Das Wandern" und "Der Doppelgänger". Die Wanderslust erklingt original vom schmatzenden Plattenspieler. Die schemenhafte Stimmung des Doppelgängers hingegen wird von Bariton Michael Nagy und zwei Halborchestern mit Schubert'schem Klangmaterial nachempfunden. Vordergründig vereinen sich die Akteure in ruhigem Fluss, der durch Schlagwerkimpulse koloriert ist. Die Zwiesprache läuft subtil ab: dadurch, dass sich die Doppelrolle des Sängers in Brust- und Kopfstimme äußert; dadurch, dass ein Halborchester tonartlich verharrt, während das andere die Molltonarten durchschreitet. Zu beneiden, wer all das ohne Lektüre hört.
"Into the little Hill", das mit dem harschen Ruf "Kill them they bite" der Sängerinnen Sarah Aristidou und Helena Rasker beginnt, geht die Expressivität direkter an. Benjamin hat hier auf Basis des "Rattenfänger von Hameln" ein konzertantes Mini-Musiktheater geschaffen. Die Führung übernehmen die Singstimmen, von denen man einiges über Ratten und Musik erfährt - und darüber, was im Kopf eines Ministers herumtönt (Dankgeschrei des Volks, Brummen des eigenen Herzens). Mehr und mehr nimmt dann, von Dirigent Clemens Schuldt fundiert angeleitet, die Ausdruckskraft zu. Dargestellt wird der Rattenfänger ja oft schalmei- oder flöteblasend. Dass Benjamin ein instrumentenkundliches Schaulaufen der Holzbläser initiiert, mit der Bassflöte im Zentrum, passt also hervorragend.