Kurzkritik:Hypnotische Energie

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Eine libanesisch-iranische Performance im Freiheiz

Von SABINE LEUCHT, München

Safran ist teuer und schmeckt in hohen Dosierungen herb. Dass die Performance, mit der Joint Adventures das Jahr beschließt, nach diesem leicht verderblichen Gewürz benannt ist, mag mit Iran zu tun haben, für den es steht, aber vielleicht auch mit der Liebe, mit der es sich ähnlich verhält. Der aus Beirut stammende Choreograf Omar Rajeh hat das Stück mit der Teheraner Kompanie MaHa einer Kultur abgetrotzt, die den Tanz seit 1979 als unschickliche Form der Zurschaustellung des Körpers verbietet.

Was Mitra Ziaee Kia und Mostafa Shabkhan im Münchner Freiheiz zwischen einem stoischen Perserteppich und einem Turbo-Trommler tun, ist als ein Ringen um Freiheit, Ausdruck und Begegnung lesbar, auch wenn einem die furiose Performance keine Interpretation aufs Auge drückt. Sie beginnt mit rasenden Rhythmen aus dem Dunkel, deren klaren Aufforderungscharakter die barfüßige Frau im grauen Kleid nicht ignorieren kann. Lange ganz still stehend, legt sie den Kopf leicht schräg in den Nacken und beginnt kaum merklich zu nicken. Das Nicken breitet sich allmählich über den ganzen Körper aus, lässt das Zwerchfell zucken und die Schultern über den hängenden Armen. Hier muss etwas erst mühsam herausgearbeit werden aus einer Verpanzerung aus Regeln und Konventionen. Und wann immer die Bewegungen größer werden, hört man den Panzer förmlich knacken.

Meist aber bleibt Mitra Ziaee Kia bei den kleinen, schließlich rasend schnellen Konvulsionen. Nur einmal wogt und hibbelt sie mit ihrem später dazukommenden "Bewegungstheater"-Partner - nur so kam man durch die Zensur - Körper wie Hände wild verschraubend auf Ali Taleie zu, der Darbuka, Tombak und auch sie beide kurzzeitig zur Ruhe bringt, bevor sie sich erneut auf den Rhythmus und aufeinandereinzittern und -schwingen. Der kurze Abend hat eine immense, hypnotisch wirkende Energie und ist derart erfüllt von der Notwendigkeit des Tanzes, wie man es selten zu spüren bekommt.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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