Kurzkritik:Hitverdächtig

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"Herz aus Gold": Das Fugger-Musical in Augsburg

Von MICHAEL STALLKNECHT, Augsburg

"Augsburg, Augsburg, du herrliche Stadt!" lautet die erste Zeile von "Herz aus Gold". Keine Frage: Mit dem neuen Musical feiert sich die Stadt auch selber in einem ihrer "Stadtheiligen", dem Kaufmann Jakob Fugger, der als reichster Mann des beginnenden 16. Jahrhunderts von Augsburg aus die Welt mitregierte. Auf der vom Theater Augsburg allsommerlich bespielten Freilichtbühne am Roten Tor ist in diesem Jahr kein Klassiker zu sehen, sondern ein echtes Eigengewächs aus der Feder von Stephan Kanyar (Musik) und Andreas Hillger (Text).

Die beiden haben dabei alles richtig gemacht, um den historischen Stoff für das unterhaltsame Musiktheater aufzubereiten: Sie verdichten ihn zum einen auf seine symbolische Essenz, erfinden zum anderen geschickt eine Liebesgeschichte hinzu. Martin Luther und Kaiser Maximilian I. treten zwischen singenden und tanzenden Heerscharen farbenprächtig gekleideter Renaissancemenschen auf. Fugger erscheint unter ihnen als Inbegriff einer neuen Tatkraft, die Chris Murray mit kraftvollem Aplomb und bombensicherer Höhe singt und spielt.

Mit intelligentem Witz besiegt er die Widerstände des alten Zunftsystems, wie es seine Mutter (mit berührender Würde: Elke Kottmair) oder sein geschäftlicher Gegenspieler Welser verkörpern. Letzteren spielt Regisseur Holger Hauer selbst, der mit seiner Inszenierung die Breitwandbühne souverän in den Griff kriegt. Große Tableaus wechseln sich in perfektem Timing mit intimeren Szenen ab. Die Musik wartet dazu genretypisch mit Schmiss und einigen hitverdächtigten Melodien auf, doch die Augsburger Philharmoniker dürfen unter Generalmusikdirektor Domonkos Héja auch eine kluge Instrumentation auskosten.

"Herz aus Gold" heißt der zentrale Schlager für die Figur des Fugger, der seine Zerrissenheit zeigen soll. Kennt sein Herz nur das Gold oder ist es doch selbst aus Gold? Schließlich liebt er eigentlich die ältere Sybilla (Roberta Valentini), die aber zugunsten ihrer eigenen Tochter (Katharina Wollmann) auf ihn verzichtet. Am Schluss darf also kräftig geseufzt werden an diesem sehr professionell gemachten Abend, den das Augsburger Premierenpublikum begeistert feiert.

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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