Kurzkritik:Himmel und Hölle

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Jorge González Buajasán im Herkulessaal

Von Klaus Kalchschmid, München

Die letzte Zugabe des Abends (nach Isaac Albeniz' "El polo") war ein kleines, feines und zartes Stück des kubanischen Komponisten Ignazio Cervantes (1847-1905) mit dem Titel "Adios a Cuba". Jorge González Buajasán beendete mit dieser Hommage an seine Heimat, die er 2008 verlassen hat, um in Paris zu studieren, seinen aufregenden Abend in der höchst verdienstvollen Reihe "Klassik vor Acht", deren Konzerte mit jungen Künstlern allesamt vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet und gesendet werden.

Ob Johannes Brahms (Ballade d-moll und H-Dur), Franz Liszt oder Frédéric Chopin: Der 22-jährige Kubaner bestach nicht nur durch eine profunde Technik, sondern vor allem durch eine enorme Reife des Ausdrucks und eine außerordentliche Musikalität. Der "Italien" gewidmete Teil der "Années de pèlerinage" Liszts war dann auch der Höhepunkt des Konzerts im Herkulessaal: seien es die Vertonungen dreier poetisch schwärmerischer Petrarca-Sonette, oder die viertelstündige, abschließende "Fantasia quasi una Sonata" ("Après une lecture de Dante"), in der wie in einer sinfonischen Dichtung Himmel und Hölle, Irdisches und Überirdisches seinen Auftritt hat. Nie war Tastendonner zu hören, sondern immer ein untrüglicher Sinn für das dramatische Potenzial dieser Musik.

In Frédéric Chopins "Andante spianato et Grande polonaise" trat dann zur farbigen Erzählung bei Liszt noch eine sehr männliche Eleganz hinzu, die alle Chopin-Verächter unter den Pianisten und Hörern Lügen strafte. Haupt- oder Nebenstimme, Bass oder Diskant: Jorge González Buajasán weiß immer den Ausgleich zu schaffen, ob im zurückhaltenden "Andante" oder in der effektsicheren "Polonaise", die nie nur "brillante" klang, sondern immer Struktur, Architektur und Schönklang in allen Lagen besaß. Beim nächsten "Klassik vor acht" (28. November, 18.30 Uhr) spielt Beatrice Rana, die 2015 den internationalen Klavierwettbewerb in Montréal gewann, Werke von Bach, Chopin, Debussy und Ravel.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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