Kurzkritik:Hihi und Haha

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Patrizia Moresco in der Lach- und Schießgesellschaft

Von Thomas Becker, München

Fangen wir mit der Conclusio an. Analog ist das neue Bio. Orgasmus statt Shitstorm. Du bist, was du trinkst. Wer vorher sündigt, schläft besser. Das Leben kann ein Arschloch sein. Mit diesen Worten entlässt einen Patrizia Moresco in die Schwabinger Nacht, doch draußen nimmt die Dunkelheit im Hirn nur noch mehr zu. Einmal schütteln, noch mal hindenken: Ja gut, äh. Wie jetzt? Das riesengroße Fragezeichen, das einem schon seit zwei Stunden die Synapsen vernebelt hat, ist immer noch da, und wenn man genau hinsieht, lacht es einen sogar ein bisschen aus: Selber schuld, wenn du dir so was antust, hihi.

Morescos Programm heißt "Die Hölle des positiven Denkens", und man muss in der Tat brutalstmöglich positiv oder irgendwie anders drauf sein, um nach diesem Abend nicht in eine tiefe Depression zu verfallen. Was die Italienerin mit schwäbischen Wurzeln in der rappelvollen Lach- und Schießgesellschaft da von der Bühne ballert, kann man nur als rückwärtsgewandte Klischee-Hitparade bezeichnen, wobei auf Platz eins dieser Charts der traurige Satz steht: "Früher war alles besser." Das sagt sie nicht so, aber die verheerende Message tropft aus jedem Gedankengang.

Klar kann man mit Ende 50 schon mal wehmütig oder melancholisch werden, weil früher alles so geil war. Moresco hat in den Siebzigern wilde Zeiten in London erlebt, war 18 Jahre lang Frontfrau der Comedy-Truppe Shy Guys. Seit 2007 ist die Wahl-Kreuzbergerin als "KomiKaze Kabarettistin" solo auf Tour und sagt über sich selbst: "Gegen mich ist ein bengalisches Feuerwerk eine Knallerbse."

Ihre Vorbilder Monty Python und Jango Edwards würden sich mit Grausen wenden. Singen tut sie auch noch, aber das ist dann auch schon egal. Aber wir wollten ja positiv bleiben, und deshalb zum Schluss noch eine rhetorische Frage von der Homepage der Künstlerin: "Wenn die Hölle so brüllend komisch ist wie ein Abend mit Patrizia Moresco, wovor haben wir dann Angst?" Na, dass es vielleicht nicht für den Himmel langt.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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