Kurzkritik:Herzen berührt

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ARD-Wettbewerb: Die Finalisten im Fach Gesang stehen fest

Von Klaus Kalchschmid, München

Sowohl Pureum Jo aus Südkorea, die mit Fiordiligi und Michaëla erstmals Schärfen in der Höhe offenbarte, Alexander Roslavets aus Weißrussland mit passablem, aber etwas indifferentem Verdi und Rossini, und sogar der charmante Countertenor Rodrigo Sosa Dal Pozzo, der Mozart und Orlowskys freches "Ich lade gern mir Gäste ein" zum Besten gab, sangen nicht auf dem Niveau der Vorrunden und schafften es leider nicht ins Finale. Miljan Siljanov begann das Rezitativ zur Arie "Rollend in schäumenden Wellen" aus Haydns "Schöpfung" unkonzentriert und fand danach nicht so recht den Fokus seiner schönen Bass-Stimme, besser gelang ihm die Arie von Borodins "Fürst Igor". Zusammen mit den guten Leistungen von Runde eins und zwei reichte es trotzdem zur Qualifikation fürs Finale.

Nach der Pause kamen alle eine Runde weiter: Die Schwedin Ylva Sofia Stenberg berührte mit einem ergreifendem, luzide gesungenen "Zerfließe, mein Herze" aus der "Johannes-Passion" und dem neckischen "Quel guardo il cavaliere" der Norina ("Don Pasquale"). Auch Natalya Boeva erfühlte sowohl Händels "Messiah" wie den schwärmerischen Komponisten aus "Ariadne auf Naxos" mit großer Mezzo-Fülle. Mit größter Innigkeit beim jungen Dichter Flamand aus "Capriccio" und zauberhaft subtil leuchtender Emphase im "Spirto gentil" des Fernando aus Donizettis "La Favorita" konnte der chinesische Tenor Mingjie Lei einmal mehr die Herzen berühren.

Doch dann war da noch das zeitgenössische Auftragswerk von Stefano Gervasoni, zwei vor allem in der Textausdeutung anspruchsvolle Vertonungen von Grabinschriften der Nelly Sachs: "Die Malerin" und "Der Besiegte". Da blieb Lei in der Tiefe vieles schuldig und versuchte durch überakzentuiert expressive Deutung auszugleichen. Miljan Siljanov nahm sich viel Zeit und ließ den Text ganz für sich sprechen, während die Schwedin Stenberg natürlich und doch ausdrucksvoll phrasierte. Am besten und präzisesten gelang die Umsetzung des Notentextes freilich Natalya Boeva.

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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