Kurzkritik:Harmonisch

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Arabella Steinbacher und das London Philharmonic Orchestra

Von Henrik Oerding, München

Es gibt diese Konzerte, in denen Solist, Orchester und Dirigent optimal zusammenpassen, und das, obwohl sie nur eine Schicksalsgemeinschaft für einen Abend sind. So eine perfekte Kombination gab es beim Gastspiel des London Philharmonic Orchestra im Gasteig zu hören. Arabella Steinbacher war die Solistin, Jaime Martín dirigierte. Er war für den kurz vor dem Konzert erkrankten Roger Norrington eingesprungen.

Umso beachtlicher, wie gut die Zusammenarbeit funktionierte: Martín dirigierte eine fünfte Sinfonie von Ludwig van Beethoven, die sich nicht wie bei anderen Interpretationen im Dunkel des ersten Satzes verlor, sondern klar und beständig nach vorne strebte. So konnte man einen stolzen zweiten Satz mit schönem Fagottsolo und einen mysteriösen dritten Satz mit tollem Hornsatz erleben, bevor Dirigent und Orchester den vierten Satz zu einer fulminanten Festmusik machten.

Mit Arabella Steinbacher kam genau die richtige Solistin dazu. Schon mit ihren ersten Tönen von Johannes Brahms Violinkonzert in D-Dur machte sie klar: Jetzt kommt eine besondere Interpretation. Steinbacher griff kräftig zu, spielte die ersten Akkorde ausdrucksvoll schroff und wechselte dann sofort wieder in melodiöse Sanftheit. In der Kreisler-Kadenz des ersten Satzes zeigte sie ihr ganzes Können: rasende Triolen, zarte Tremolos, komplizierte Mehrfachgriffe - ein ganzes Streichquartett schien aus ihrer Geige zu klingen. Mit dem London Philharmonic Orchestra hatte Steinbacher einen Klangkörper an der Seite, der sie genau richtig unterstützte, sich aber auch nicht hinter der Solistin verstecken musste. Jaime Martín leitete das Orchester mit klarem Dynamikverständnis, forderte ein rundes und volles Forte und blieb trotzdem sauber im Piano.

Als Steinbacher bei Fritz Kreislers Recitativo und Scherzo als Zugabe mühelos durch alle Stricharten sprang, setzte sich Jaime Martín sogar ins Orchester, um zuzuhören. Eindeutig eine Solistin, die man nicht verpassen will.

© SZ vom 12.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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