Kurzkritik:Grandios

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Ein Ereignis: Anja Kampe (liegend), Jonas Kaufmann (Siegmund) und Nina Stemme (Brünnhilde). (Foto: Wilfried Hösl)

Die "Walküre" bei den Opernfestspielen

Von Egbert Tholl, München

Vielleicht ist es ganz gut so, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach die letzte Aufführung der "Walküre" unter Kirill Petrenko an der Bayerischen Staatsoper gewesen sein wird. Das hält man doch nicht aus. Das ist so unfassbar großartig, in allen Belangen, dass man nie mehr irgendwo eine "Walküre" hören will, da könnte man doch etwas verpassen, aber man kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es jemals eine Aufführung dieses Stücks geben könnte, die an das Erlebnis dieses Abends heranreicht. War es ja im Januar dieses Jahres schon großartig, als Petrenko eine "Ring"-Serie dirigierte, so ist es jetzt noch einmal einen Tick mehr, das glaubt man zumindest, weil man nie wiederholt als ganz derselbe in die Oper geht, und wenn man an etwa 287 Menschen mit "Suche Karte"-Schild vorbei gelaufen ist, man eh noch einmal mehr weiß, dass sich gleich Großartiges ereignen wird. Wollte man seine Karte loswerden, man käme an diesem Abend flugs in den Besitz einer Eigentumswohnung.

Es war schon im Januar interessant zu erleben, wie der beste alle Theaterdirigenten, Petrenko, die Inszenierung von Andreas Kriegenburg, die nur Theater sein will, zu einer ungeheuren Wirkmächtigkeit adelt. Wenn die Musik schon alles erzählt, vollkommen plastisch, dynamisch ausgereizt bis aufs Äußerste, farbenreich und mit ungeheurer Präzision, dann funktionieren die feinen Nuancen der Figurengestaltung, dann braucht man keine zusätzliche Deutung, dann taucht man ein in die Geschichte. Und: Dann machen der Walküren Trappelpferde, vor der Musik im dritten Aufzug, viel Spaß, auch wenn das ein paar grölende Wagnerkonservatisten im Publikum anders sehen.

Anja Kampe und Jonas Kaufmann singen und spielen vollendet glühende Liebe - der Siegmund ist Kaufmanns allerbeste Rolle, und Kampe ist ohnehin umwerfend. Nina Stemme hat sich als Brünnhilde das Mädchen in Spiel und Stimme bewahrt, erst ist sie fabelhaft wach und witzig, dann ist sie die Hälfte eines Abschieds, der einen Stein zu Tränen rührte. Ihre Walküren sind eine Luxusbesetzung, ihr Papa, Wolfgang Koch, ist ein anrührender, echter Mensch. Und seine Gattin, Ekaterina Gubanova, ist wow. Wie der Abend.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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