Kurzkritik:Glücksbringer

Daniil Trifonov erfüllt die hohen Erwartungen nur zum Teil

Von Klaus P. Richter, München

Mit steiler Bugwelle aus Hype und Glitter rauschen manche Jungstar-Pianisten im lauen Meer des Konzertlebens heran. Daniil Trifonov gehört definitiv dazu. Ein ausverkaufter Herkulessaal, eine Armada von Podiumsplätzen und so viele Suche-Karte-Zettel wie selten zuvor: ein pianistisches Glücksversprechen wurde wahr. Dabei begann der 25 Jahre alte Shootingstar nicht mit virtuosem Überdruck, sondern eher verhalten-poetisch mit Schumanns "Kinderszenen". Aber Schumanns zauberische Poesie zwischen Nostalgie und Reflexion wirkte aufgesetzt und schon im "Hasche-Mann" brach das heiße Virtuosentemperament durch, das dann bei der "Toccata" op. 7 seinen ersten Höhepunkt erreichte. Dort macht ja das "toccare", die brillante Tastenberührungskunst, von Trifonov zum Furioso gesteigert, die Essenz von Gattung und Werk aus.

Mit Schumanns "Kreisleriana" löste Trifonov dann auch alle Erwartungen nach einer berührenden Ausdrucksgestaltung der chiffrierten Schumann'schen Bildererzählung ein: wunderbar tiefgründig das B-Dur "Sehr langsam", dramatisch das "Lebhaft" g-Moll, rauschend-virtuos die beiden Schlussstücke. Bei den vom Vorbild Bachs inspirierten Präludien und Fugen op. 87 von Schostakowitsch dachte man auch an Trifonovs Bach-Spiel. Die A-Dur Fuge exekutierte er mit martialischem Maschinenpuls und kantigem Non-Legato à la Glenn Gould, obwohl die Fugen mehr individuelle Charakterstücke sind als Kontrapunktexempel. Entschädigt wurde man durch die exquisite und fantasievolle Gestaltung der Präludien und das fulminante Brio der letzten, der d-Moll-Fuge. Höhepunkt des pianistischen Virtuosenfestes waren drei Sätze aus Strawinskys "Petruschka" in der Fassung von Arthur Rubinstein. Ein begeistert tobender Saal und drei Zugaben.

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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