Kurzkritik:Fülle der Feier

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Pee Wee Ellis und Freunde in der Unterfahrt

Von Oliver Hochkeppel, München

Manchmal ist mehr eben einfach mehr. Der Saxofonist Pee Wee Ellis hätte wohl auch nur mit seiner Band - in der auch der Münchner Schlagzeuger Guido May sitzt - die Unterfahrt gefüllt. Schließlich ist sein Ruf als Miterfinder des Funk an der Seite James Browns ungebrochen. Aber in der Weihnachtszeit will man halt möglichst viele Freunde um sich scharen. Ellis hat das schon vor fünf Jahren erstmals gemacht und für seine "Spirit of Christmas"-Tour gleich vier Vokalisten an Bord geholt. Jetzt hatte er zwei dabei - weil das aber China Moses und Ian Shaw waren, musste man die zwei Abendkonzerte in der Unterfahrt um eines am Nachmittag aufstocken, um den Andrang zu bewältigen.

Die Fülle machte sich bezahlt: An eine vergleichbare Weihnachtskonzert-Wundertüte kann sich der Rezensent nicht erinnern. Alles war dabei, es war sexy, funny und touching zugleich. Für das gewisse Etwas war natürlich China Moses zuständig, die sich nicht nur im knappen roten Weihnachts-Glitzermäntelchen mit Dessous-Strumpfhose und High Heels präsentierte, sondern mit bluesbetontem Shouting und gewohnt lasziv ihre Mitspieler und das Publikum um den Finger wickelte. Ein Shouter, der obendrein von einem Ton auf den anderen die Lage wechseln kann, ist auch Ian Shaw, vor allem aber ist der Waliser ein echter Schelm, der seinen britischen Humor sogar auf Deutsch zur Geltung bringen kann. Für die berührenden Momente sorgte Pee Wee selbst, der auf dem Tenorsaxofon eben nicht nur harten Funk, sondern auch butterweiche Linien wie einst Ben Webster blasen kann.

So war das altbewährte Weihnachtsrepertoire von "Rudolph The Red-Nosed Reindeer" bis zu Bing Crosbys "White Christmas" - obendrein stets gegen den Strich arrangiert und mit einigen Raritäten wie Coco Taylors "Merry, Merry Christmas" und Esther Phillips' "Sweet Georgia Rose" ergänzt - nicht wiederzuerkennen. Sondern fügte sich zu einer Weihnachtsfeier, die niemand im Saal so schnell vergessen wird.

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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