Kurzkritik:Frühlingsfrisch

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Das Aterballetto zu Gast in Fürstenfeldbruck

Von Eva-Elisabeth Fischer, Fürstenfeldbruck

So jung! So frisch! Es ist, als durchwehte hier eine gute Stunde lang die Vorfrühlingsbrise von draußen das Fürstenfelder Theater. Man folgt ihnen nur zu gern, den 15 Tänzern und Tänzerinnen des Aterballetto aus Reggio Emilia. Sie eröffnen die Tanzreihe und verblüffen als lässige Botschafter einer Bühnenkunst, welche eine Stiftung in Gestalt eines Tanzproduktionszentrums propagiert: die Fondazione Nazionale della Danza. Diese richtet sich unter anderem ans heranwachsende Publikum. Das ist umso bemerkenswerter, als das Aterballetto ganz allein unter dem Schirm der komplett mit öffentlichen Geldern finanzierten Stiftung in einer landesweiten Tanzwüste agiert.

Gigi Cristoforetti, seit 2017 der Chef des Ganzen, bringt genau den Pfeffer mit, der die dem Aterballetto gelegentlich eigene Biederkeit austreibt. Zumal in dieser Kompanie sehr unterschiedliche Charaktere ihren Platz finden. Insofern sind die mit "Golden Days" überschriebenen drei Stücke des schwedischen Choreografen Johan Inger durchaus repräsentativ. Sie stehen für die im Aterballetto kultivierte gemäßigte Moderne, die für jede(n) Einzelne(n) jede Menge Tänzerfutter parat hat.

Paare, Passanten: "Golden Days" eröffnet und endet jeweils eine männliche Commedia-dell'arte-Figur (ohne Maske). Mädchen in Sommerfähnchen und Jungen in Hemden und Hosen entwickeln zunächst in Teil 1 wohlstrukturiert zu den jazzigbluesigen Songs aus den "Raindogs" von Tom Waits ihre hochmusikalischen Soli, Duette und Terzette. In Teil 2 wird der unermüdlichen Schlangenfrau im Glitzertrikot von zwei Bühnenarbeitern buchstäblich der Tanzboden unter den Füßen weggerissen zu Patti Smiths "Birdland". Nach diesem Umbau-Impromptu diktiert Keith Jarretts "Köln Konzert" die wechselnden Stimmungen des tanztheaterlichen dritten Teils, "Bliss" (Seligkeit) betitelt. Und groovt sie final ein zum Unisono. Das alles ist hinreißend getanzt, aber frühlingsbrisenmäßig harmlos und von bedauerlicher emotionaler Blässe.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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