Kurzkritik:Früher Ruhm

Lesezeit: 1 min

Alexandra Flood singt betörend an der Theaterakademie

Von Rita Argauer, München

Manchmal hat man Pech. Wie etwa die Sopranistin Sarah Aristidou. Die sollte am vergangenen Sonntag gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Alexandra Flood ihr Master-Konzert an der Theaterakademie singen. Sie musste aber kurzfristig wegen Krankheit absagen. Es wäre spannend gewesen zu sehen, welch thematischen Rahmen sie Floods düsterer Programmauswahl gegenübergestellt hätte. In diesen geschützten Hochschulkontexten ist so etwas ja immer ganz wunderbar - da können Programme gewählt werden, die noch nicht um Zuschauer buhlen müssen. Das Publikum ist der Sängerin hier sowieso wohlgesonnen, während diese auf der Bühne all die psychischen und physischen Abgründe aufreißt, die das Opern- und Liedrepertoire von Vivaldi bis in die Moderne so hergibt.

Mit "Hysterie" hat die 26-jährige Australierin ihr Programm überschrieben. Und exzellent von Oresta Cybriwsky am Flügel begleitet, begibt sie sich immer wieder in die Art des musikalischen Ausdrucks, an dem ihr Koloratursopran nicht nur schön verzieren, sondern zudem auch noch Abbild einer überdrehten oder resignierten geistigen Verfassung werden soll. Zu Beginn benutzt Flood noch ein wenig zu viel äußere Gesten für den inneren Ausdruck, während die Koloraturen in Vivaldis "In furore iustissimae irae" akademisch wirken. Doch in Jake Heggies "Songs And Sonnets To Ophelia", wo zu den leicht jazzigen Harmonien textlich gehirnfressende Maden und andere Scheußlichkeiten auftauchen, schafft sie eine betörende Verbindung zwischen polkaesker Musik und nihilistischem Inhalt. Die Moderne liegt ihr sowieso, was sie eindrucksvoll im Höhepunkt des Abends beweist: Die zerstückelte Sprache in der Marie in Bernd Alois Zimmermanns "Die Soldaten" gelingt ihr kunstvoll und überzeugend. Doch auch der Wahn, der eher unter dem Sanften brodelt, liegt ihr - besonders in Ambroise Thomas' "A vos jeux, mes ami" und als Paradestück zum Schluss mit Lucia di Lammermoors Wahnsinns-Arie.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: