Lange, sehr lange Sekunden verstrichen, bis nach dem Ausklang der finalen Ballade "Train People" doch noch jemand die seltsam vollkommene Stille in der gut gefüllten Freiheizhalle durchbrach und den Auftakt zum Schlussapplaus setzte. Dass dieser dann etwas verhalten, ja fast schon müde ausfiel, hatte wiederum rein gar nichts mit einer mauen Darbietung, dafür jedoch sehr viel mit einer Art Kollektivbetäubung zu tun, in der sich Sophie Hungers Publikum zu diesem Zeitpunkt längst befand.
Ging den Sekunden der Stille doch ein Konzert voraus, mit dem die Schweizerin sowohl ihre Qualitäten als mehrsprachige Songwriterin und Sängerin als auch ihr Talent zur stetigen musikalischen Neuerfindung auf eindrucksvolle Weise demonstrierte. So brachte sie zu Beginn dieses ersten von drei München-Konzerten in Folge primär die nachtschwarzen Trennungs-Songs ihres neuen Albums "Molecules" auf die Bühne, um dabei mit erstaunlicher Kohärenz von deren wabernden und suppenden elektronischen Texturen zu einem tausend Tränen tiefen Stück wie "Shape" überzugehen. Dafür verwandelte sich ihr großartiges Backing-Trio an zwei Synthesizern und Drums kurzerhand in eine Folk-Formation zwischen Akustikgitarren und Flügelhorn.
Ebendieser Freiflug durch die Genres und Stilelemente sorgte denn auch für eine Intensität und Kurzweil, die tatsächlich zu keinem Zeitpunkt abriss. "Das Neue", einer ihrer jazzinfizierten Klassiker, schraubte sich als massierter Synth-Groove zum entfesselten Krautrock-Jam herauf, um dann in einem samtenen Soul-Finale zu münden; "Citylights Forever" erstrahlte mittels kraftvollem Marching-Drum-Rhythmus und über den Zusammenklang von Horn und Baritonsaxofon in frischem Glanz, während sich die wunderbar fragile Magie der erhebenden Harmoniegesänge im schwiizerdütschen "Z'Lied vor Freiheitsstatue" auch ohne jedes Textverständnis vollends erschloss. Chapeau!