Kurzkritik:"Feminista, Baby!"

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Valerie Solanas radikal-feministisches "Scum-Manifesto" ist schon fünfzig Jahre alt. Provokant ist es immer noch. Und natürlich ein bisschen männerfeindlich. Aber gut. In Berlin wird daraus: Party, Party, Party!

Von Mounia Meiborg

Besorgte Blicke zu den Männern im Publikum. Wie nehmen sie es auf? Halten sie durch? Schließlich lernen sie gerade einiges über sich. Etwa, dass sie im Niemandsland zwischen Mensch und Affe stehen geblieben sind. Dass sie schwach und unfähig zu intellektueller Tätigkeit sind, dafür aber sex-abhängig. Und dass sie, um dies zu sublimieren, den Kapitalismus erfunden haben. Valerie Solanas radikal-feministisches "Scum-Manifesto" ist schon fünfzig Jahre alt. Provokant ist es immer noch. Und natürlich ein bisschen männerfeindlich. Aber gut.

Eigentlich dreht die Autorin nur um, was Sigmund Freud über Frauen schrieb und was lange Standard in der Psychoanalyse war. Da kann also ein bisschen Vagina-Neid zur Abwechslung mal nicht schaden.

Am Deutschen Theater in Berlin nimmt sich nun ein männliches Regie- und Schauspieler-Team des Stoffes an. "Feminista, Baby!" heißt der Abend von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner. Hier wird so ziemlich alles richtig gemacht. Vor allem die Musik. Den Soundtrack steuert Christiane Rösinger bei, Gründerin der Lassie Singers, Kreuzberger Urgestein und Ikone einer charmanten Totalverweigerung. Niemand lästert schöner über Pärchen als sie. Hier, am Schlagzeug begleitet von Andreas Spechtl, singt sie über pseudo-feministische T-Shirts von Dior und Klassentreffen von Alphamädchen, um zu folgern: "Feminismus ist nicht Fun / Er ist komplex, und er kotzt die Leute an."

Die Schauspieler schlurfen auf die Bühne und verwandeln sich in drei Marilyn Monroes, inklusive Muttermal und weißem Cocktail-Kleid. Sie machen das so lässig, so frei von Weiblichkeitsposen und Travestie-Witzchen, dass es eine Freude ist.

Mal deklamieren sie Solanas' Text, mal sprechen sie chorisch, mal synchronisieren sie eine stumme Talkshow mit Gerhard Schröder und Joschka Fischer - sie persiflieren Männlichkeitstypen, die inzwischen nur noch bei osteuropäischen Gaskonzernen gefragt sind. Ein feministisches Manifest im Sinne einer Handlungsanweisung ist dieser Abend aber nicht. Sondern eine trashige Party - bei der übrigens auch die Männer ihren Spaß hatten.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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