Kurzkritik:Feines Gulasch

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Der Kabarettist Han's Klaffl und sein neues Solo "Nachschlag!"

Von Thomas Becker, München

Schuld an allem ist das Gulasch. Hätte der kleine Hans in der dritten Klasse nicht so einen Anti-Pädagogen als Lehrer bekommen, der seinen Schülern drohte, sie zu Gulasch zu hauen - wer weiß, ob aus ihm ein Lehrer und Musikkabarettist geworden wäre. "Der Neue ist ein Arschloch", hatte er zur Mutter gesagt, darauf sie: "Das sagt man nicht! Lehrer sind Respektspersonen." Für den Hans war der Fall klar: "Ich werde Lehrer." Das ist etwa 60 Jahre her, aus dem kleinen Hans ist ein Han's geworden - weil der 2005 zum Bühnenkünstler mutierte Lehrer Klaffl das cool fand. Auch im vierten Soloprogramm geht es um das schulische Absurdistan, aber nicht nur. Der längst pensionierte Studiendirektor wird auch mal nachdenklich, politisch, gesellschaftskritisch.

"Nachschlag! Eh ich es vergesse ..." heißt sein Werk, in dem er im Theater im Schlachthof mit der eigenen Vergesslichkeit kokettiert, nicht ohne einen zweiten Boden einzuziehen. Gemeint sind nicht nur "Kurzzeitgedächtnislücken" und "memotechnische Warteschlangen", sondern auch das aktive Vergessen und Verdrängen von bereits Erlebtem. Die gleiche Engstirnigkeit wie vor 80 Jahren beobachtet er, erzählt von der "Flüchtlings-Intoleranz" gegen Heimatvertriebene und Rucksack-Deutsche, die er als Kind erlebt hat, und fragt rhetorisch "Werden wir denn gar nicht gescheiter?" Die Antwort überlässt er dem Publikum, so wie er noch so manch weiteres Déjà-vu ausgräbt, den Betrachter aber damit allein lässt, nach dem Motto "Selber denken macht schlau."

Womit wir bei der Schule sind, ha, kleiner Scherz. Klaffl erzählt viel von früher ("Wir hatten ja nichts - nicht mal Allergien"), und doch hört man ihm gern zu - weil er witzige Geschichten gut erzählen kann, Stichwort Timing. Locker wechselt er zwischen Kontrabass, Klavier, Rednerpult und Lesetisch (Regie: Markus Bachmeier), unterhält in Liedform genauso wie mit geschliffenem Text. Insofern: Danke, Gulasch.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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