Kurzkritik:Ein Traum

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Giorgos Dalaras und Vicky Leandros in der Philharmonie

Von DIRK WAGNER, München

Noch immer zündet jene Hymne der Widerstandsbewegung gegen die griechische Militärdiktatur, die der Komponist Mikis Theodorakis aus dem Gedicht des Literatur-Nobelpreisträgers Giorgos Seferis formte: "Arnisi" (Entsagung), auch bekannt als "Sto Perigiali". Deshalb starten Giorgos Dalaras und Vicky Leandros geradezu programmatisch ihr gemeinsames Konzert in der Philharmonie mit eben diesem Lied über die verlorene Unschuld und das Gelöbnis zur Besserung nach all den begangenen Fehlern.

Schon entführt die magische Mischung aus Schwermut und Tanzwut, die der griechischen Musik innewohnt, die Zuschauer in ein Griechenland, das aus Erinnerungen, Sehnsucht und Hoffnung erschaffen ist. In diesem Griechenland gleicht ob der einfühlsamen Musik von Leandros und Dalaras selbst die Traurigkeit einem tief verinnerlichten Glücksgefühl. "Wenn die Liebe stirbt, kennt sie keine Wiederauferstehung", singt Dalaras in "Ta Veggalika Sou Matia". Und doch leuchten die darin besungenen Augen der Verflossenen in der Erinnerung noch immer wie ein Feuerwerk.

Vicky Leandros überzeugt derweil mit ihrem optimistischem "Ich liebe das Leben" sowie mit großartigen griechischen Versionen des Bee-Gees-Frühwerks "Town Of Tuxley Toymaker" als "Chameni Agapi" oder des mehrfach gecoverten Gene-Pitney-Hits "Something's Gotten Hold Of My Heart" als "To Mistiko Sou". Beide Songs hatte Leandros bereits in den Sechzigerjahren in Griechenland veröffentlicht. Sie zeigen eine ganz andere Sängerin als jene, die hierzulande einen Theo mit Reiseplänen nach Lodz aus dem Schlaf plärrte. Weil dieser Schlager aber so gar nicht in den konsequent griechischen Abend von Giorgios Dalaras und Vicky Leandros gepasst hätte, vermisst ihn auch niemand. Stattdessen entlassen die beiden ihr Publikum mit Manos Hadjidakis' schwungvollem Rembetiko-Klassiker "Milise Mou". "Nur in meinem Traum küsse ich dich", heißt es darin. So geht auch gleich noch ein musikalischer Traum in Erfüllung.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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