Kurzkritik:Dunkle Blüten

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Der Machatschek im Vereinsheim

Von Oliver Hochkeppel, München

Trotz oder vielleicht gerade wegen des politisch-gesellschaftlichen Gegenwinds darf man für Österreich eine anhaltende Blüte mancher Kultursegmente konstatieren. Bei uns gibt es geradezu einen Hype: Alle bestürmen den Neuen Austro-Pop von Bilderbuch bis Wanda; viele entdecken das Neue Wienerlied, selbst wenn es von alten Recken wie dem Ostbahn-Kurti oder Ernst Molden gespielt wird; und auch das österreichische Kabarett manifestiert seinen guten Ruf: Eigene, mit "Wean Oida" überschriebene Plakate hat Till Hoffmann drucken lassen für die vielen Klein- und Großkünstler aus dem Nachbarland, die in diesen Monaten in seinen Häusern zu Gast sind. Zu denen gehört auch "Der Machatschek", wie sich der junge Mann mit den Vornamen Franz Joseph schlicht nennt.

Ohnehin ist die Legende sehr clever, die er um sich gestrickt hat, von der geheimnisvollen Arbeiterbiografie bis zur "Corporate Identity" mit Hut, Sonnenbrille (die er nie abnimmt) und kurz getrimmtem Vollbart, die stilisiert die schönen Plakate und dominieren. Das ist auch nötig. Er spiele viel mehr in Bayern als in Österreich, erzählt er während seines Auftritts im Vereinsheim, wo er erstmals seine "Dunkelschwarzen Lieder" vorstellte. Weil man die Wiener im Rest von Österreich hasse, wie er anfügt. Aber es liegt wohl auch an der starken Konkurrenz im eigenen Land. Da hat es der Machatschek mit seinem Musikkabarett vielleicht auch deshalb schwer, weil er kein allzu begnadeter Gitarrist und Sänger ist.

Der Charme seiner im Tempo wie im Vortrag meist extrem reduzierten Songs liegt in ihrem morbiden, depressiven und derb-raunzigen Charakter, mit dem er die Traditionslinie von Helmut Qualtinger bis Ludwig Hirsch fortsetzt. Bei diesen düsteren Ausflügen in die Wiener Bezirke von Simmering bis Brigittenau hat er seine Stärken, wenn er also vom Beisl erzählt, in dem die Zeit stehen geblieben ist, vom "Gehma Giftlaschaun" oder gar vom "Lossts mi sterbn". Die fröhlicheren wirken dagegen uninspirierter, mitunter einfach albern. Daran kann der Machatschek noch arbeiten, wie auch an ein paar Gitarrengriffen.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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