Kurzkritik:Doppelgesang

Mia Coutos Titelheldin Imani ist eine Mittlerin zwischen den Welten. Die junge Afrikanerin hat Portugiesisch gelernt, lebt aber weiterhin im Dorf bei ihrer Familie in Mosambik. Ein Roman über die Netze des Kolonialismus.

Von Maike Albath

Mia Coutos Titelheldin Imani ist eine Mittlerin zwischen den Welten: Die junge Afrikanerin hat in der Schule Portugiesisch gelernt, lebt aber weiterhin im Dorf bei ihrer Familie. Sie müsse den Offizier Germano, einen Abgesandten der Kolonialmacht, unterstützen, entscheidet ihr Vater. Als der Krieg den Landstrich verwüstet, geraten die Loyalitäten ins Schwanken.

In seinem neuen Roman "Imani", dem Auftakt einer Trilogie, entwirrt der 1955 in der Hafenstadt Beiro geborene mosambikanische Schriftsteller Couto das komplexe portugiesisch-afrikanische Beziehungsgeflecht und nimmt die blutige Kolonialgeschichte mit ihren innerafrikanischen Verwerfungen in den Blick, was dem Buch eine verblüffende Aktualität verleiht. Das sogenannte Gaza-Reich des Herrschers Ngungunyne war im 19. Jahrhundert der zweitgrößte Staat unter Führung eines Afrikaners. Der gefürchtete Regent wurde 1895 von den Portugiesen endgültig besiegt. Couto lässt abwechselnd Imani und den Offizier erzählen, wodurch ein reizvoller Doppelgesang entsteht.

Imani ist zum einen in der magischen Lebenswelt ihrer Familie verhaftet. Dass sie die Eigenarten ihres Stammes beschreiben kann, zeugt andererseits zugleich von Distanz. Der Offizier, der in Briefen an seinen Vorgesetzten zu Wort kommt, vertritt die koloniale Wahrnehmung. So herablassend er anfangs über die "Kaffern" urteilt - nach und nach fühlt er sich von dem Fremden affiziert und beginnt zu ahnen, welche Schuld Portugal auf sich lädt.

Mia Couto : Imani. Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Unionsverlag, Zürich 2017. 287 Seiten, 22 Euro. E-Book 19,99 Euro.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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