Kurzkritik:Derbe Geschichten

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Der Singer-Songwriter Faber in der Muffathalle

Von DIRK WAGNER, München

"Akustik-Punk für Mädchen" nannte der Schweizer Singer-Songwriter Faber mal seine Musik, die er zunächst von einem Schlagzeug spielenden Posaunisten begleitet präsentierte. Zahlreiche Festivalauftritte und ein im Sommer erschienenes Debüt-Album später ist das Duo zu einer Band gewachsen, mit Keyboarder, Bassist und Gitarrist. Nur der Schlagzeuger fehlt. Dessen Job teilen sich der Posaunist Tillmann Ostendarp, der vor allem über Pedale eine Kickdrum und einen Schellenkranz bedient, und der Gitarrist Max Kämmerling, der sich immer wieder der Darbuka widmet, einer nordafrikanischen Bechertrommel. Kämmerlings eigentliches Element bleibt aber das Gitarrenspiel, mit dem er zuvor schon den Sound der Schweizer Rockabilly-Band The Black Barons bereicherte sowie die Konzerte des italienischen Liedermachers Pippo Pollina, des Vaters also von Julian Pollina alias Faber.

Auch bei Fabers Auftritt in der ausverkauften Muffathalle fiebert Kämmerlings Saitenspiel mitunter nahezu psychedelisch. Begleitet von der pumpenden Orgel des Keyboarders und Akkordeonisten Goran Koç, dem warmen Bass von Janos Mijnssen, und von Ostendarps Posaune, die mal klar und erhaben wie in der Alpensinfonie von Richard Strauss ertönt, mal verwegen und leidenschaftlich wie in einer serbischen Blaskapelle. Faber wiederum, dessen Songs mit ihren derben Geschichten die Zuschauer laut mitsingen, tut gut dran, einer so großartigen Formation Freiräume einzuräumen, damit sie atmen, sich entfalten kann. Umgekehrt schafft es Faber aber auch, in kurzen Solo-Auftritten das Publikum auch ohne Bandbegleitung in seinen Bann zu ziehen.

Wo Band und Sänger aber eine Einheit bieten, gerät die Musik so komplex wie bei Tom Waits, bei den Doors und bei anderen Poplegenden, die in Fabers musikalischer Sozialisation neben Jacques Brel und Nirvana Pate gestanden haben mögen. Da würde jede noch so angemessene Textanalyse der spannend erzählten Geschichten zu kurz greifen.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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