Kurzkritik:Charmante Exzentrik

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"Placebo" feiern sich und ihre Hits in der Olympiahalle

Von Martin Pfnür, München

Nein, eine Band, die ihr 20-jähriges Bestehen zum Anlass für ein Best-of-Album und eine Tour nimmt, ist sicherlich nicht über jeden Ausverkaufs-Zweifel erhaben - doch wer möchte noch nach Integrität fragen angesichts eines Konzerts, mit dem eine der letzten großen Alternative-Rock-Bands beweist, dass sie noch immer große Lust hat, auf der Bühne zu stehen.

Als in der Olympiahalle das Licht gedimmt wird, demonstrieren Placebo jedoch erst mal ihren Hang zur Exzentrik, indem sie ihren Hit "Every You Every Me" per Video einspielen. So beginnt der eigentliche Auftritt mit dem ewig schönen "Pure Morning", dessen raues Riff erst aus dem Off ertönt, bis Urmitglied Stefan Olsdal die Bühne betritt, die filigraneren Töne des Stücks hören lässt, und es schließlich mit Brian Molko und einer vierköpfigen Backing-Band zum Strahlen bringt.

Es folgt ein Konzert, das durchaus auch Längen aufweist, was angesichts der Höhepunkte aber auch nicht weiter ins Gewicht fällt. Da ist etwa ein Song wie "Without You I'm Nothing", den Placebo als Hommage auf den im Hintergrund eingeblendeten David Bowie gestalten, vor allem aber sind da diese Debüt-Stücke wie "I Know", das sie als Brett mit drei Gitarren spielen; "36 Degrees", das sie stark entschleunigt darbieten; oder "Lady of the Flowers", dessen Sprech-Passagen Brian Molko ausdrucksstark auf die Bühne bringt.

Zum Kontrastprogramm gerät dann das letzte Drittel des Konzerts, das Molko mit den Worten ankündigt, man habe sich ja jetzt 20 Jahre lang als Meister der Melancholie bewiesen, weshalb es nun an der Zeit sei, auch mal Spaß zu haben. Und tatsächlich tanzt bald die komplette Tribüne, bilden sich auch kleine Moshpits in der Arena, während das Sextett mit Stücken wie "For What It's Worth", "Special K" oder "The Bitter End" die Drehzahl immer weiter erhöht.

Dass sich die Band am Ende wieder in Exzentrik übt und ihr Konzert mit dem Kate-Bush-Song "Running Up That Hill" beendet? Geschenkt.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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