Kurzkritik:Bewegend

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Ein Liederabend mit Christian Gerhaher und Gerold Huber

Von Andreas Pernpeintner, München

Es ist die Nummer sieben aus Schumanns "Dichterliebe", "Ich grolle nicht", an der sich der Charakter dieses Liederabends von Christian Gerhaher und Gerold Huber im Nationaltheater (sie haben den Termin von Bayreuth-Einspringer Piotr Beczala und Helmut Deutsch übernommen) besonders griffig festmachen lässt. Dieses Lied kann als rastlose Tonflut interpretiert werden, aus dem Leisen entspringend, dann auf sängerisches Leuchten bedacht. Wer das macht, hat recht. Gerhaher widersteht, und hat mindestens ebenso recht: Es ist bemerkenswert, wie konsequent dieser Liederabend von der Lyrik aus gedacht ist. Das gilt für Gerhaher, das gilt für den mit geradezu liebevoller Aufmerksamkeit begleitenden Huber. Selbst von dessen Lippen ist der Text meistens abzulesen. Diese "Dichterliebe", sie ist nicht nur herrlicher Schumann, sie ist ganz besonders auch bewegender Heinrich Heine.

Der musikalische Ausdruck muss dazu nicht immer maximal sein, nicht jeder Ton größte Tragkraft besitzen, der Klang darf auch mal diskret reduziert oder gar matt sein. Natürlich stellt diese Herangehensweise keine wirkliche Überraschung dar, Gerhahers und Hubers Liedgestaltung ist preisgekrönt. Trotzdem ist ihr Austarieren von Musik und Rezitation ein Erlebnis - zumal, wenn es neben der inhaltlichen Prägnanz auch rein klanglich so zauberhafte Momente wie die Interpretationen der Lieder "Stirb, Lieb' und Freud'!" und "Alte Laute" aus Schumanns "Zwölf Gedichten" op. 35 nach Justinus Kerner einschließt. (Wer einen zweistündigen Liederabend mit der "Alten Laute" beschließt, hat größtes Vertrauen ins eigene Vortragsvermögen.)

Allenfalls zu Beginn, bei Debussys "Trois Chansons de France" und Schumanns "Liedern und Gesängen" op. 27, waren Gerhaher und Huber noch mit der Entwicklung ihrer musikalischen Aussagen befasst. Das ist rasch geschehen, und nicht nur die weiteren Schumann-Lieder, sondern auch Debussys "Trois poèmes de Stéphane Mallarmé" nach der Pause sind wunderbar.

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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