Kurzkritik:Aus Drei wird Zwei

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"A Dance Triplex" im Schwere Reiter

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Kein Circus Roncalli mehr. Der Platz vorm Schwere Reiter ist jetzt öd und leer. Dortselbst hat sich, Zukunft ungewiss, das Bewusstsein verfestigt, dass man in einem Provisorium denkt, probt und auf-tritt und nicht in einem für die Dauer tauglichen Theater. Mit der Tonnen- und Jutierhalle passiert nach wie vor nichts. Und man wird den Verdacht nicht los, dass der nur selten sicht- und hörbare Kulturreferent der Stadt versehentlich mit dem Hinterteil einrennt, was er über zehn Jahre hinweg, vorn mit viel Anstrengung und Hirnschmalz aufgebaut hat: die Verwirklichung des Konzepts Kreativquartier.

Trotzdem gibt es sie noch, die Kempen der Tanztendenz, die unbeirrbar weiter machen und sich für diesen Abend zu einem "Dance Triplex" zusammenschließen wollten. Zufit Simon fehlt als sensitives weibliches Pendant, weil sie krank ist, und sendet eine Videobotschaft, unter anderem in Gestalt eines minimalistischen Brustkorbtanzes, von Robert Merdzo hart getaktet. Micha Purucker und Stephan Herwig bilden nunmehr den Duplex, der diesen Abend durchaus füllt. In seinen selbst getanzten "Three Echoes in Space" untersucht Herwig die Rotation. Er beginnt mit kaum wahrnehmbarem Schulterkreisen und gibt den immer sichtbareren Drehbewegungen immer mehr Raum. Diese geben im dritten, spannendsten Körperecho vergrößert und geradezu penetrant mit puckernden akustischen Signalen akzentuiert, die entscheidenden Impulse, den ganzen Körper gleichsam automatisch von der Horizontale in die Höhe zu schrauben.

Purucker schickt den charismatischen Michael Heriban auf die Suche nach Interferenzen von Sprache, zeitlupenhafter Bewegung und filmischen Bildern. Erst am Ende, als die Interviewfrage "Where are we now, Mr. Bowie" fällt, erkennt man das Ausgangsmaterial dieser feinstofflichen, wiederum von Merdzo musikalisch kongenial in einem Crescendo zugespitzten Untersuchung. Heriban beschließt seinen Tanz im Bewegungsdialog mit seinem eigenen Videobild.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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