Kurzkritik:Aus der Dunkelheit

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Münchener Kammerorchester porträtiert Sørensen

Von Klaus Kalchschmid, München

Einmal mehr erweist sich das Komponistenporträt des Münchener Kammerorchesters in der Pinakothek der Moderne als eines der schönsten Formate für zeitgenössische Musik in München. Die Mischung aus Solo-, Kammer- und klein besetzter Orchestermusik passt nicht nur bestens in die Rotunde, sondern kann einen Komponisten auch vielfältig präsentieren.

Auf die Isländerin Anna Thorvaldsdottir folgt diesmal der 1958 geborene Däne Bent Sørensen, und so korrespondiert sein "Looking on Darkness" (2000) für Akkordeon, wunderbar fein ausgehorcht von Frode Haltli, mit dem abschließenden Stück "It is pain flowing down slowly on a white wall".

Was für ein Effekt, wenn am Ende die 20 Mitglieder der Kernbesetzung des Kammerorchesters unter John Storgårds mehrstimmig zu summen beginnen, dann alle mit einer Melodika das Akkordeon allmählich ersetzen und schließlich verhuscht eine alte Weise intonierend im Gänsemarsch die Bühne verlassen und nur Frode Haltli und ein einsamer Cellist zurückbleiben!

Schon die Uraufführung von "Schreie und Melancholie" offenbarte ein reiches Spektrum an Verläufen und Farben von komplex schimmernden, sich stets verändernden Klangflächen bis rhythmisch klaren Akzentuierungen. Jetzt faszinierte, wie plötzlich aus feinstem Interagieren von Akkordeon und Streichern plötzlich die Glissandi zu grooven beginnen, Tonales sich mit Atonalem mischt, oder plötzlich ein kaum greifbares sentimentales Lied im Akkordeon aufblitzt: "Schmerz, der langsam eine weiße Wand herabrinnt" ist dafür kein schlechter Titel.

Sogar im ältesten Stück des Porträt-Konzerts zu Bent Sørensen, "Clairobscure" von 1987 für zehn Instrumente (Streicher, Horn, Klarinette, Flöte, Oboe und Fagott), kondensiert das fein instrumentiere, dem "Helldunkel" des Titels entsprechend immer wieder anders schillernde und flirrende Klanggewebe unvermutet zu rhythmisch markanten Flächen, die, mehrfach geschichtet, eine ganz eigene Polyfonie erzeugen.

© SZ vom 27.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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