Kurzkritik:Auf Attacke

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Der finnische Pianist Iiro Rantala und sein Trio in der Unterfahrt

Von Oliver Hochkeppel, München

Erst einmal gab's ein bisschen Zahlensalat: Er freue sich, nach zwei Jahren mal wieder in der Unterfahrt zu spielen, sagte der Pianist Iiro Rantala. Vier, korrigierte das Publikum. Diesmal käme er mit einem Trio, mit dem er hier überhaupt erst den zweiten Auftritt habe. Vier, korrigierte Schlagzeuger Morten Lund, indem er die entsprechende Zahl Finger hochhielt. Rantala nahm den Ball so lässig und lustig auf, wie er dann das gesamte Konzert bestritt. Den virtuosen Finnen hat der Erfolg, der ihn seit seinem Lennon-Album breitbandig ereilt hat, locker gemacht. Was seinen Eklektizismus beflügelt, wie der Auftritt - insbesondere im Vergleich mit seinem etwas verbissenen ersten Solo hier vor etlichen Jahren - belegt.

So hangelte er sich im neuen nordischen Trio mit dem schwedischen Bassisten Dan Berglund, der lange in der Band von Esbjörn Svensson gespielt hat, und dem sonst unter anderem bei Adam Baldych oder Marius Neset wirbelnden dänischen Schlagzeuger Morten Lund bis zur Pause durch ein sechsteiliges Set mit Standards von Bud Powell und Keith Jarrett über Toots Thielemans und Thelonious Monk bis zu Cole Porter und Kurt Weill. Und zwar ohne Pausen, also "attacca", wie der Fachbegriff dafür lautet, den Rantala denn auch genüsslich zitierte. Denn als Attacke gingen die drei die Sache auch an. Als heutzutage zumal von Skandinaviern fast ungewohnten "Jazz-Jazz" von stilechten Bebop-Ritten bis zu geschmeidigen Balladen, stets garniert mit feinen, richtig improvisierten Soli. Bis man beim heftig rhythmisierten und ironisierten "September Song" in die Vaudeville-Ecke abbog.

Das war der Vorgeschmack auf die zweite Hälfte mit eigenen Stücken, die dann - neben der atemberaubenden Spieltechnik - den ganzen Schalk und auch den Funk Rantalas präsentierten. Mit der Einschränkung, dass Morten Lund für StraightAhead-Nummern vielleicht ein zu moderner, filigraner Schlagzeuger ist, - ein Wolfgang Haffner, Guido May oder jeder aus der jungen US-Drummerriege hätte da ganz anderen Druck erzeugt - ergab das den perfekten Abend für den Besucher, der nur die Seele baumeln lassen und intelligenten wie gleichzeitig ganz unverkopften Jazz hören wollte.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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