Kurzkritik:Alchemisten

Thomas Hampson und Martin Grubinger in der Philharmonie

Von Klaus P. Richter, München

Es war die verwegene Mischung, die den Abend zum Event machte - und dem Gasteig eine restlos ausverkaufte Philharmonie bescherte: Bariton und Schlagzeug. Darauf muss man erst mal kommen. Aber natürlich nicht mit irgendwem, sondern mit zwei Stars ihres Metiers. Thomas Hampson traf sich mit Martin Grubinger und seinem Percussive Planet Ensemble zu einer Tour durchs angelsächsische Entertainment: George Crumb, John Corigliano bis Frank Sinatra. Und dann noch der Brite Sting. Also war auch das Programm verwegen. Aber das bemerkte man erst, als der Opernstar und Liedersänger Hampson nach den diffizilen Spezereien von Crumb so nach und nach in Swing- und Rock-Drive kam.

Dabei kam zunächst das Instrumentarium des riesigen Schlagwerkapparats nur in subtilen Auszügen zum Einsatz. Martin Grubinger, der den Lärm der Futuristen samt den Bruitismen von Strawinsky bis Xenakis in sinfonische Höhen geführt hat, begann als feinsinniger Klangmagier an der Marimba. Denn bei Crumb geht es bis zum sechsfachen Pianissimo mit exotischen Klangfärbungen zu düsteren Narrativen. Noch mehr Klangfarbenalchemie gab es bei Corigliano, wo Grubinger eine komplizierte Choreografie zwischen Streicher-, Bläser-, Schlagwerk- und Marimba-Mischungen arrangiert hatte. Dann aber brach sich immer deftigere und heftigere Perkussion Bahn.

Zuerst bei Sinatra, den Hampton spielend und singend als halbe Comedyshow aufführte. Damit erreichte die Stimmung bald Jam-Session-Format. Bei den ersten Songs von Sting konnte man dann die edle Stimmkultur Hampsons in alter Form bewundern. Aber mit dem Schlusssong "Bring on The Night" brachten mitnichten ein romantisches Nocturne, sämtliche Instrumente entfachten fortissimo dionysische Ekstase. Und das Publikum sang mit.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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