Kurzkritik:Alchemie der Farben

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Kristian Bezuidenhout am Hammerklavier

Von Klaus P. Richter, München

Zu den delikatesten Früchten der historischen Musizierpraxis gehört das Hammerklavier. Es ist aber nicht nur feine Alternative zum pianistischen Hochamt des Steinway-Sounds, sondern Protagonist eines ganz anderen Klangdialekts der Tasteninstrumente. Aber auch immer ein Reality-Check, ob dieser Klang den vertrauten Werken einen strukturellen oder sinnlichen Bedeutungsgewinn bringt, denn dass die Musik der Vorklassik bis Beethoven auf ihm gespielt wurde, reicht vielleicht für eine historische Rechtfertigung, nicht immer aber für eine ästhetische. Wenn jetzt Kristian Bezuidenhout als führender Star des Hammerklaviers Mozart in der exquisiten Reihe der BR-Studiokonzerte spielt, dann verspricht das aber schon allerhand musikalisches Gelingen.

Gleich nach Wolfgang Amadeus Mozarts frühem Divertimento KV 138 für Streicher scheint die Signatur des Konzertabends auf: die Verbindung von Hammerklavier und Streichquartett. Sie sorgte in einer Art Alchemie der Farben und Valeurs für ein zauberisch-beseeltes Klangambiente. Maßgeblich daran beteiligt war das Chiaroscuro Quartet, das seinen Namen aus der Barockmalerei mit dem changierenden Spiel von Licht und Schatten als Programm einlöst. Unter beschwingter Führung der russischen Primgeigerin Alina Ibragimova erhielten alle Farbenspiele aber immer konturenstarke Diktion in Phrasierung und Artikulation. Am kernigsten in Joseph Haydns drittem Quartett aus den nervösen "Sonnenquartetten" op. 20 mit markanten Cello-Episoden von Claire Thirion. Für die kongenialen Hammerklavierfarben sorgte der Nachbau eines Instruments von Michael Rosenberger aus Wien, um 1800 von Robert Brown aus Oberndorf bei Salzburg gefertigt.

Anders als die Mozart-Flügel von Walter oder Streicher trug er zum "Chiaroscuro" mit eher verschleierten Klangspektren in den Mittellagen bei. Kristian Bezuidenhout aber verwandelte alles mit feinnerviger pianistischer Könner- und echter Mozartscher Kennerschaft in einen außergewöhnlichen Konzertabend - vom Klavierkonzert A-Dur, KV 414, in der Streichquartettfassung bis zur erlesenen Zugabe, einem nachdenklichen, chromatisch-vergrübelten Satz aus einem späten Suiten-Fragment (KV 399).

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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