Kurzkritik:Ab und zu ein Zitat

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"Snarky Puppy" heizen im Freiheiz ein

Von Stephan Handel, München

Die Qualität des Publikums erweist sich in der zweiten Hälfte des Konzerts: Da spielen Snarky Puppy eine Uptempo-Nummer, und die Zuhörer schaffen es ohne weiteres, auch in hoher Geschwindigkeit, auf die Zwei und die Vier zu klatschen. Das zeigt, wer die Fans des texanischen Jazz-Rock-Funk-Fusion-Groove-Kollektivs sind: Leute jeden Alters, die instrumentales Können zu schätzen wissen, verbunden mit musikalischer Komplexität, das Ganze aber so verpackt, dass auf jeden Fall auch der Hintern wackelt.

Acht Männer stehen auf der Bühne, sie schauen - verwaschene T-Shirts, Karohemden - ein bisschen aus wie Maschinenbaustudenten, mehr Shoegazer als Show-Tiere. Aber als sie loslegen, hauen sie den Zuhörern ein Brett nach dem anderen um die Ohren: Breaks, bei denen sich andere Finger, Beine und Kieferknochen brechen würden, Taktverschiebungen mehr, als das Freiheiz Ziegel hat, Seventies-Harmonien, teuflische Soli und ab und zu mal ein Zitat, das aber viel zu schnell vorüber ist, als dass der Zuhörer die Chance hätte, es zu benennen.

Und der Groove! Gespeist vom ebenso stoischen wie energetischen Mann am Drumset, dem Percussionisten und vom eher grunzenden als perlenden Bass des Band-Masterminds Michael League, bleibt das nie stehen, sondern geht immer nach vorne und direkt in die Magengrube.

Dabei ist diese Musik jedoch keineswegs und niemals selbstgefälliges Virtuosen-Gefrickel - dazu sind Snarky Puppy viel zu abwechslungsreich und die Stücke viel zu interessant arrangiert, vielmehr: orchestriert, von der Wall of Sound zum pointillistisch hingetupften Thema und wieder zurück in wenigen Takten.

Bei ihrem letzten Gastspiel traten Snarky Puppy in der Unterfahrt auf - nun wurde das gebuchte Ampere zu klein und das Konzert ins schnell ausverkaufte Freiheiz verlegt: Indiz dafür, dass da eine Band etwas gefunden hat, was ihr und dem Publikum Spaß macht. Zwei Stunden Musik, gerade mal etwas mehr als zehn Nummern ganz ohne Gesang, und trotzdem verließen die Zuhörer die Halle beseelt und glücklich. Snarky Puppy, das wird - oder ist schon - das nächste große Ding zwischen Jazz und Rock.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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