Kunst:Zum Tausendfüßler werden

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Der Ahnherr der Mitmachkunst: Eine Schau in Aachen zum Werk des Künstlers Franz Erhard Walther, der gerade mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde.

Von Michael Kohler

Als das erste Aachener Fluxusfestival am 20. Juli 1964 programmgemäß im Chaos versank, mischte Franz Erhard Walther schon kräftig mit. Auf der Bühne wälzten sich die Fluxus-Künstler in Farbe oder führten eine Bulldogge durch die Sitzreihen des vollbesetzten Audimax spazieren und Joseph Beuys, damals bereits ordentlicher Professor, beträufelte ein hilfloses Klavier mit Salzsäure. Im Beuys'schen Schlepptau waren auch einige Düsseldorfer Akademieschüler nach Aachen gereist, darunter ein entgeisterter Gerhard Richter und eben Walther. Der saß zwar nur im Publikum, entledigte sich aber bald seiner Schuhe und Strümpfe und balancierte barfuß über die Stuhlreihen, um im Saal großzügig Tannenduft zu versprühen. Für die 800 Zuschauer war das offenbar das Signal, die Bühne zu stürmen und sich ebenfalls als Künstler zu versuchen - Beuys bekam einen Faustschlag auf die Nase und der Veranstalter brach das allzu sehr in Fluss geratene Festival lieber ab.

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