Kunst:Skulpturales Horoskop

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Gerne auch mal plump: Eine Ausstellung der amerikanischen Künstlerin Nicole Eisenman in Baden-Baden.

Von Elena Korowin

Seit dem Tod Martin Kippenbergers ist der Kunst der schwarze Humor ein wenig abhandengekommen. Nicole Eisenmans Malerei füllt seit den späten Neunzigern diese Lücke - nur brachialer. Die amerikanische Künstlerin, geboren 1965 in Verdun, malt Subkultur, Pop, ganz persönliche Mythen und queere Motive in sehr bunten Farben und manchmal gewollt plumpen Formen.

Vor einigen Jahren vollzog die Malerin den Sprung von der Leinwand in den Raum. Die Kunsthalle Baden-Baden legt in ihrer Ausstellung "Baden Baden Baden" den Schwerpunkt sogar ganz auf die Plastiken, die in ihrer versilberten Optik fast an geknüllte Alufolie erinnern, obwohl es sich um massive Bronzegüsse handelt, die eigens für die Schau produziert wurden.

Die monumentalen Köpfe wirken auf ihren bunten Podesten sehr unterschiedlich, je nachdem, wo man sich positioniert, schon weil sie an manchen Stellen mit Ölfarbe bemalt sind. Das wirkt durchaus spielerisch und zieht den Ausstellungsraum zu einem Bild zusammen. Gleichzeitig wirken die überarbeiteten Skulpturen fast überladen, nicht allein mit der satten Textur der Farben, sondern auch mit Anspielungen auf die Kunstgeschichte. "Kingshead", in diesem Jahr entstanden, erinnert an die polierte Glätte von Koons Plastiken, ist aber so deformiert, dass nicht mal die Krone auf dem Haupt majestätisch wirkt. Genauso ist "The General" keine stolze Figur: Ihm haftet etwas Kindliches an, sein Blick nach oben weist ihn als Träumer aus - oder ist er einfach paranoid?

Die Künstlerin Hannah Black macht zu solchen Fragen Vorschläge. Sie hat für jeden Kopf einen begleitenden Text verfasst, eine Mischung aus innerem Monolog, Kurzgeschichte und Horoskop. Fast rührend sind die beiden Büsten "American Goth", eine Reminiszenz an das berühmteste Paar der amerikanischen Kunstgeschichte von Grant Wood. Der Künstler Ryan McNamara fotografierte diese Arbeit für den Katalog, indem er die beiden mit schwarzen Tränen begossenen Gesichter auf einem Friedhof in Szene setzte. Aus dem "Head with Demon" plätschert Wasser, er ist eine Weiterentwicklung des Brunnens, den Eisenman bei den "Skulptur Projekten" in Münster im vergangenen Jahr präsentierte. Wer weiß, vielleicht ist dieser besessene Kopf zurückgekehrt, nachdem die Skulptur in Münster von einem Unbekannten enthauptet worden war?

Auch wenn der Direktor der Kunsthalle, Johan Holten, vor zu schnellen tagespolitischen Zuschreibungen warnt, so erinnert die rote Krawatte auf dem Bild "Huddle" unübersehbar an den amerikanischen Präsidenten, wie auch die seltsame Föhnfrisur - kein Zweifel, dass dieser "Haufen" gerade die USA beherrscht. Zwischen Königen, Generälen, Dämonen und der roten Krawatte bleiben viele Fragen offen. Aber nicht nur ihre Rotzigkeit und ihr Humor, auch die Aufrichtigkeit Eisenmans erinnert an Kippenberger.

Nicole Eisenman. Staatliche Kunsthalle, Baden-Baden. Bis 17. Februar.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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