Kunst:Der Geschäfts-Künstler

Lesezeit: 2 min

Der einstige Werbegrafiker und spätere Popart-Star Andy Warhol ist in München schon immer präsent. Nun widmet das Museum Brandhorst zusammen mit dem Filmfest dem New Yorker eine "Warholmania"

Von Evelyn Vogel, München

Ja, man kennt sie, die Ikonen der Pop-Art made by Andy Warhol. Die Marilyns und Maos, geschaffen von einem der größten Selbstdarsteller und Selbstvermarkter, die das vorige Jahrhundert hervorgebracht hat. Einem, der von sich selbst behauptete, pure Oberfläche zu sein, hinter der sich nichts verberge. Einem, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, als "Geschäftskünstler" zu enden, weil eines seiner Credos lautete: "Geld machen ist Kunst, und Arbeiten ist Kunst, und ein gut laufendes Geschäft ist die beste Kunst." In diesem Sinne wünscht man der Ausstellung "Yes! Yes! Yes! Warholmania in Munich" im Museum Brandhorst ein gut laufendes Geschäft.

Zweifelsohne lohnt es sich, diese große Werkschau zu besuchen, die in Kooperation mit dem Filmfest München und auf Initiative der Münchner Autorin Katja Eichinger sowie des Warhol-Freundes und -Mitarbeiters Glenn O'Brien entstanden ist. Man konzentriert sich auf das malerische und filmische Werk Warhols. Das gibt es nicht nur in dieser großen Ausstellung zu sehen, sondern auch beim Filmfest im Begleitprogramm, und sein Geist wird von Mitternacht des Eröffnungsabends an bei "Glenn O'Brien's TV Party" auf ARD-Alpha sechs Folgen lang durch den Äther wabern - oder besser gesagt: das Glasfaserkabel durchfluten?

Wie auch immer, in München gibt es in den nächsten Wochen Warhol satt. Eine wahre Warholmania wird die Stadt überziehen. Etwa 100 Werke werden in der Ausstellung präsentiert, die offiziell am Samstag eröffnet wird. Bis auf vier Leihgaben stammt alles aus der Sammlung Brandhorst selbst. In der "Dark Pop"-Präsentation im Erdgeschoss wurde nur marginal umgehängt. Und alles, was darüber hinaus an Warhols im Depot schlummerte, wurde hervorgeholt, so dass auch das gesamte Untergeschoss damit bespielt wird. Trotz der vielen mächtigen Formate, darunter das "Last Supper" oben oder das Pinkelbild "Oxidation Painting" und das grüne Camouflage-Monster - die beiden Letztgenannten im riesigen Hauptraum des Untergeschosses zu sehen -, wirkt die Schau nicht vollgestopft oder unübersichtlich. Im Gegenteil. Achim Hochdörfer und seine Kuratorin Patrizia Dander haben für das Untergeschoss eine aufschlussreiche Hängung erarbeitet, die zugleich Spaß macht.

Der Bogen spannt sich von frühen Arbeiten der 1950er Jahre bis zu den Spätwerken, umfasst bestens bekannte Siebdrucke und Gemälde, aber auch eher selten zu sehende Collagen, Zeichnungen und Künstlerbücher. Hinzu kommen eine ganze Reihe von TV-Formaten, mit denen sich Warhol auch als Vordenker einer späteren MTV-Generation erwies, sowie die große Zwei-Kanal-Filmprojektion "Lupe". Und immer wieder dazwischen: Selbstporträts. Auch wer das Werk Warhols kennt, wird einiges für sich entdecken. Und wer sich mit ihm vertraut machen will, kann dies hier tun.

Witz, aber auch gestalterische Virtuosität werden schon in Warhols Frühwerk deutlich, als er noch als Werbegrafiker arbeitete. Reizend die Zeichnungen und Bücher, die im ersten Kabinett gezeigt werden. Dann folgen gleich Ikonen: Marilyn - zehnfach! -, mit der Warhol nach ihrem Selbstmord Licht- und Schattenseiten des Starkults ins Bild hob; eine schlichte, anrührende Liz Taylor; dazu das großformatige "Mustard Race Riot", mit dem er die Rassenverfolgung thematisierte. Dann ein weiteres abgründiges Gesellschaftsthema: Transgender mit "Ladies and Gentlemen", dessen Großformate derzeit auf Herrenchiemsee hängen, weshalb hier kleiner Formate sowie Collagen zu sehen sind. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Warhols Auseinandersetzung mit der Abstraktion, ein Raum voll mit den "Shadow-Paintings" gibt darüber Aufschluss. In "Symbole der Macht" werden ein Lenin-Porträt, Werke mit Hammer und Sichel und solche mit Dollar-Zeichen kombiniert. Warhol der "Geschäftskünstler" als Kapitalismuskritiker. Kein schlechter Scherz.

Yes!Yes!Yes! Warholmania in Munich , Museum Brandhorst, Theresienstraße 35a, bis 18. Oktober, Di-So 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr. So 28. Juni 18 und 20 Uhr: "A No Man Show. An Evening with Andy Warhol", Theaterperformance von United Puppets. Weiteres Programm www.museum-brandhorst.de

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: