Kunst:Der Archivar des Kapitals

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Kehrt nach San Francisco zurück: Chris Fitzpatrick ist noch Direktor des Münchner Kunstvereins. (Foto: Margarita Platis)

Chris Fitzpatrick verlässt den Münchner Kunstverein

Von Evelyn Vogel, München

Der Direktor des Münchner Kunstvereins, Chris Fitzpatrick, gibt sein Amt vorzeitig auf und verlässt im Frühjahr München. Die Gründe seien "rein privater Natur", versichert der 40-jährige Amerikaner der Süddeutschen Zeitung. Der Abschied falle ihm nicht leicht. Es beruhige ihn aber, dass viele Weichen für die Zukunft des Vereins gestellt und das Programm bis Sommer geplant sei. Der Vorstand bestätigte, dass man die Stelle zum 1. Dezember ausschreiben werde, um einen geeigneten Nachfolger zu finden. Dieser solle möglichst im April oder Mai kommenden Jahres beginnen.

Chris Fitzpatrick hat das Amt im Januar 2015 von dem Niederländer Bart van der Heide übernommen, der als Hauptkurator ans Stedelijk Museum Amsterdam gegangen war. Fitzpatrick, der in New York geboren und in San Francisco aufgewachsen ist, war vor seinem Engagement in München drei Jahre lang Direktor von Objektif Exhibitions, einer gemeinnützigen Institution für zeitgenössische Kunst in Antwerpen. In seiner Amtszeit hat Fitzpatrick die Wahrnehmung des Kunstvereins nach außen und die Aktivitäten im Innern erweitert. So hat er beispielsweise ein Kino eingerichtet als Zeichen für die zunehmende Interdisziplinarität der Kunstwelt. Dort wurden nicht nur Filme von Künstlern gezeigt, sondern auch zahlreiche Gespräche und Diskussionen veranstaltet. Darüber hinaus machte Fitzpatrick das "Schaufenster zum Hofgarten" zur Institution und bespielte es als festen Teil des Programms.

Am meisten aber lag ihm die Erforschung und Dokumentation der bald 200-jährigen Geschichte des 1823 gegründeten Kunstvereins am Herzen. Es sei beeindruckend, wie oft die Münchner Institution schon früh Künstler präsentierte, die erst später richtig bekannt wurden. "Unsere Geschichte ist unser Kapital", ist er überzeugt. Dieses Kapital lag bisher verteilt in verschiedenen Kartons im Kunstverein, auf diversen Servern seiner Vorgänger sowie im Stadtarchiv. Fitzpatrick führte alles zusammen und sorgte dafür, dass eine Person zuständig war, das Material zu sichten, zu reinigen und zu digitalisieren. "Es gab vorher schon Anläufe, die Geschichte des Kunstverein zu dokumentieren", erzählt er, "aber nie systematisch". Bald sei man so weit, das vollständige Archiv dem Stadtmuseum übergeben zu können. "Dann ist die 200-jährige Geschichte des Kunstvereins für weitere 200 Jahre gesichert", beschreibt Fitzpatrick die Zukunft.

Seine eigene berufliche Zukunft sei völlig offen. Er nehme viele schöne Erinnerungen an den Kunstverein, seine Mitglieder und viele Künstler, an Kunstreisen und an München und die Münchner mit und freue sich darüber, vieles in Bewegung gesetzt zu haben, "das eine Rolle spielen wird, auch wenn ich längst gegangen bin". Er werde auch in San Francisco, wohin er nun zurückkehre, weiter Deutsch lernen. Denn eines, das er sich bei seinem Antritt vor drei Jahren vorgenommen habe, habe er leider nicht geschafft: die Sprache so gut zu lernen, dass er deutsche Autoren im Original lesen könne.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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