Kunst:Candice Breitz

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(Foto: Kunstmuseum Bonn)

Von Catrin Lorch

Die Frauen und Männer stehen aufgereiht wie zur Demonstration da, schon weil sie Transparente tragen. "We are not Your Demoiselles" oder "A Blow Job is Better than no Job" ist da zu lesen, dass man sich nicht als Picassos malerische "Demoiselles d'Avignon" versteht und im Übrigen ein Blow Job besser sei als arbeitslos. Und wer es da noch nicht verstanden hat, der kann auf ihren Shirts lesen, dass sie "Sex-Arbeiter*Innen" sind. Die Videos von Candice Breitz sind heftig. Weil Menschen zur Sprache kommen, die man selten hört. Und weil die Bilder der aus Südafrika stammende Künstlerin die Kraft haben, alle Verhältnisse umzudrehen. Im Saal daneben sprechen die "Sex-Arbeiter*Innen" reflektiert über ihre Arbeit, von "Klienten" und "Terminen". Vom Bild der Prostituierten, von dem die bildende Kunst so viele Jahrtausende gezehrt hat, bleibt in so einer nahsichtigen Aufnahme wenig übrig.

Die aktuelle Ausstellung des Kunstmuseums Bonn legt den Akzent auf die politischen Arbeiten von Candice Breitz, es geht um männliche weiße Dominanz - auch in der Kunstszene. Im Mittelpunkt der Ausstellung (bis zum 3. Mai) steht das titelgebende Werk "Labour" (2017-), eine Video-Installation, die zu einem der großen Aufreger dieser Kunst-Saison werden könnte. Denn "Geburt" zeigt zwar fünf Gebärende, lässt im entscheidenden Moment allerdings die sanften schönen Bilder rückwärts laufen und die Neugeborenen wieder im Körper verschwinden. Erst da begreift man, wie das Plakat "Matriarchalisches Dekret", das vor den Vorführkabinen hängt, zu verstehen ist: als Vision eines Matriarchats, das Kinder im "umgekehrten Gebärvorgang" wieder zurückzieht. Wie die Sprösslinge Mik, Nitup und Pmurt beispielsweise, deren Namen man rückwärts lesen sollte. Nie wurde das "Was wäre wenn" einer Utopie härter in Szene gesetzt.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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