Kultur:Schmelzpunkt des Augenblicks

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Die Freude am Musizieren - prototypisch zeigt das Adriana Mateos Aufnahme von Dave Brubeck, eine der letzten vor seinem Tod. (Foto: Adriana Mateo)

Die Argentinierin Adriana Mateo will, dass in ihren Musikerporträts erkennbar wird, "was der Künstler dem Publikum bietet". Der Bayerische Hof zeigt ihre Fotografien am Rande seines "Jazz-Sommers"

Von Oliver Hochkeppel

Katarina Ehmki, Programmchefin des Nightclubs im Bayerischen Hof und seit einigen Jahren auch für den Jazz-Sommer dort verantwortlich, hat für 2018 lange nach dem passenden Künstler gesucht. Die Mühe hat sich gelohnt. Nun kann Ehmki die erste Ausstellung der New Yorker Jazz-Fotografin Adriana Mateo in Deutschland präsentieren. Das ist bemerkenswert, weil Mateo inzwischen in Europa fast gefragter sei als in den USA, wie sie selbst sagt. Vor allem in England und Italien ist die aus Buenos Aires stammende Argentinierin (was man ihr auch nach vielen Jahren in den USA noch anhört) ein umschwärmter Gast auf den großen Festivals.

Das Talent zur Fotografie ist Adriana Mateo in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater Roberto war einer der besten Kameramänner Südamerikas, der für die Bildgestaltung von Werbe-, Dokumentar- und Spielfilmen viele Preise gewann - ein Film, den er drehte, erhielt die Goldene Palme in Cannes. Weil auch die Mutter arbeitete, nahm der Vater die kleine Adriana und ihren Bruder oft mit ans Set. "Als ich ungefähr sechs Jahre alt war, drückte er mir eine kleine Pocketkamera in die Hand, damit ich etwas zum Spielen hatte." Damit war der Weg vorgezeichnet. Mateo studierte bei ihrem Vater und anderen Könnern Film und Fotografie und war mit 23 Jahren schon Art Director für die Werbekampagne von Phillip Morris in Südamerika.

Doch sie wollte Filmregisseurin werden und ging deshalb 1992 an die University Film School nach New York. Nach dem Abschluss 1996 ging sie unter anderem bei den berühmten Kameramännern Rob Draper und Andrew Laszlo ("Rambo", "Star Trek V: Am Rande des Universums") in die Lehre. 2006 besuchte sie für einen Auftrag erstmals das Jazz & Heritage Festival in New Orleans und war sofort von der Ausstrahlung der alten Jazzer gefesselt. Zurück in New York wurde sie schnell zum Schatten der großen Jazzer in den berühmten Clubs, von 2007 bis 2016 arbeitete sie dabei für das "Hot House"-Magazin. Seit 2010 ist sie auch "Filmregisseurin exklusiv für Jazz" und dreht HD-Videos über und für Musiker.

Für ihre Arbeiten hat Mateo einen hohen Anspruch: "Ich mache Kunst, keine Auftragsfotografie. Ich arbeite nicht mit Managern oder Agenten, nur mit den Musikern selbst. Und ich fotografiere nur solche, die mich interessieren und zu denen ich eine Beziehung aufbaue." Die emotionale Nähe zu ihren "Objekten" (neben Jazzern bildet sie auch Architektur ab) sieht man vielen ihrer Bilder an. Nicht zuletzt erfüllen viele Aufnahmen das, was Mateo als Aufgabe des Jazz-Fotografen sieht: "Es geht um die Fähigkeit, sich im flüchtigen Augenblick so mit dem Objekt und der Umgebung zu verschmelzen, dass im Bild erkennbar wird, was der Künstler dem Publikum bietet."

Wie die Musiker, so sieht auch Mateo die Technik als wichtige und ständige Herausforderung zu lernen und weiterzukommen. Auch in anderer Hinsicht ist sie "oldfashioned": Mateo fotografiert ausschließlich im klassischen Schwarz-Weiß, und mit William Claxton, Francis Wolf und vor allem Herman Leonard sind die Klassiker der Jazzfotografie ihre Vorbilder. Deren Einfluss kann man den 40 Bildern ansehen, die nun im Bayerischen Hof zu sehen sind, einer Auswahl aus ihrem auch als Buch erschienen Projekt "AM Jazz - Three Generations under the Lens". Der Jazz-Sommer startet ebenfalls am Montag, mit Stars wie der Bassistin Nik West und dem britischen Soul-Jazz-Kollektiv Incognito.

"AM Jazz - Three Generations under the Lens" , Mo. bis Sa., 23. bis 28. Juli, Atrium des Bayerischen Hofs, Promenadeplatz 2

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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