Komödie:Sprengmeister auf Abwegen

Lesezeit: 2 min

Die schwedische Filmkomödie "Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand".

Von Rainer Gansera

Das neue Abenteuer des skurrilen Opas mit der Vorliebe für Bomben und Explosionen beginnt mit einer hübschen Pippi-Langstrumpf-Reminiszenz. Hatte Pippi nicht ein Äffchen namens Herr Nilsson? Allan Karlsson (Robert Gustafsson), der gerade seinen 101. Geburtstag auf Bali feiert, hat auch eins: ein Kapuzineräffchen namens Erlander. Der zündelnde Alte, soll das heißen, entstammt demselben Universum schwedischer Anarchofantasien wie das Mädchen mit den Sommersprossen.

Im ersten Karlsson-Abenteuer "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand", basierend auf Jonas Jonassons Bestsellerroman, war das Fetischtier ein Kater, der Molotow hieß, und die Story zweigeteilt: einerseits wilde Verfolgungsjagden, andererseits eine Zeitreise durch die äußerst explosive Geschichte des 20. Jahrhunderts. Karlsson, dem die Dinge in "Forrest Gump"-Manier wundersam absichtslos widerfahren und der sie doch insgeheim lenkt, war als Sprengmeister an den historischen Brennpunkten immer zur Stelle. Beim Brückensprengen im spanischen Bürgerkrieg, beim Zünden der Atombombe und im Pariser Mai 1968. Als auf den Straßen die Molotowcocktails hochgingen, dinierte er mit dem französischen Außenminister.

Richard Nixon mischt mit. (Foto: Concorde Film)

Der Romanautor Jonasson wollte seinem Debüt kein zweites "Hundertjährigen"-Buch folgen lassen, erlaubte aber den Brüdern und Regisseuren Felix und Måns Herngren eine Fortsetzung fürs Kino. So dockt die Story nun mit Personal und Struktur am vertrauten Universum an, findet aber nicht den gehörigen, bizarren Surrealismus-Sound. Trotz Äffchen Erlander startet die Geschichte in Bali recht mühsam mit verzappelten Gags und Klamauk in einem Luxusresort, wo Karlsson mit seinen Freunden das ergaunerte Geld aus Teil eins verjubelt. Der kurvige Plot wird über Moskau und Berlin ins ländliche Schweden führen und einen kuriosen Mix aus CIA-Agenten und vertrottelten Gangstern ins Spiel bringen. Erst bei den historischen Flashbacks gewinnen Tempo und Witz echtes Satire-Format.

Schön ist die Gaga-Idee zum Kalten Krieg. Die kommunistische Sowjetrepublik will den amerikanischen Klassenfeind auf kulturellem Gebiet besiegen und erfindet eine naturgemäß rote "Volksbrause" mit Suchtfaktor, der es tatsächlich gelingen könnte, die Vorherrschaft des kapitalistischen Cola-Imperiums zu brechen. Doppelagent Karlsson treibt die diplomatischen Verwicklungen ins Wahnwitzige, und prompt muss US-Präsident Nixon auf die Stationierung von Interkontinentalraketen verzichten, um Kreml-Herrscher Breschnew von seinem Brause-Projekt abzubringen. Bei dieser Zeitreise zündet der Witz, und Opa Karlsson erhält endlich wieder den Raum, seinem bekannten Lebensmotto zu folgen: "Ich liebe es, Dinge in die Luft zu jagen".

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Hundraettåringen som smet från notan och försvann , Schweden 2016 - Regie: Felix und Måns Herngren. Buch: F. Herngren, Hans Ingemansson. Kamera: Göran Hallberg. Mit: Robert Gustafsson, Iwar Wiklaner, David Wiberg. Concorde, 108 Min.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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