Kommentar:Zu früh gestoppt

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Der Chamisso-Preis für Migrationsliteratur wird abgeschafft. Er habe seine historische Mission erfüllt, heißt es. Ein großer Irrtum.

Von Lothar Müller

Unter das Motto "Ziel erreicht" stellt die Robert-Bosch-Stiftung die Pressemitteilung, in der sie die Einstellung des Adelbert-von-Chamisso-Preises bekannt gibt. Im Jahr 2017 will sie die Auszeichnung zum letzten Mal vergeben. Als der Preis 1985 auf Initiative des Romanisten Harald Weinrich zur Würdigung deutsch schreibender Autoren nichtdeutscher Muttersprache ins Leben gerufen wurde, gab es noch den Begriff "Gastarbeiterliteratur". Nach 1989/90 wurde daraus die Migrationsliteratur. Aus Mittel- und Osteuropa gekommene Autoren von György Dalos bis Marjana Gaponenko erhielten den Preis, aus dem Nahen Osten stammende wie Adel Karasholi, in Deutschland geborene wie Sherko Fatah, dessen Vater aus dem Irak stammt. "Ziel erreicht", das soll heißen, die Adressaten sind selbstverständlicher Bestandteil der deutschen Gegenwartsliteratur geworden, sie bedürfen des Preises nicht mehr. Die Preisträger Ilija Trojanow und José F. A. Oliver sehen das anders und haben in der FAZ geharnischten Protest eingelegt.

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