Kommentar:Im Geist der Nachhaltigkeit

In London wurden mal wieder die "Brit Awards" vergeben, die so etwas wie die britischen Grammys sein sollen, nur ohne ernst zu nehmende Jury. Was ist von solchen Preisen eigentlich zu halten?

Von Jens-Christian Rabe

Abgesehen von den Grammys, die ja wenigstens so etwas Ähnliches wie eine halbwegs ernstzunehmende Jury haben, sind alle großen Pop-Preise des Planeten nicht mehr als sehr teure Aprilscherze. Der gerade wieder letzte wurde am Dienstag in London bei den diesjährigen Brit Awards aufgeführt. Und hier jetzt die "Gewinner" aufzuzählen, hieße im Grunde schon, auf ihn hereingefallen zu sein. Wobei andererseits einen Gag zu genießen, von dem man vorher weiß, dass er auf die Kosten des eigenen Verstandes gemacht wird, auch wieder so etwas ist wie die Definition schlechthin von Pop. Die Sache geht also schon irgendwie in Ordnung. Am Ende gilt in solchen Fällen ja immer, was der amerikanische Stand-up-Essayist Glenn O'Brien einmal über Kunst geschrieben hat. Kunst sei der Witz für Witze - das, worüber die anderen Witze lachen. Je ernster sich also eine Veranstaltung wie die Brit Awards selbst nimmt und je ernster sie genommen wird - umso lustiger isses. Blieben drei Dinge: Besser als die Echos, das vor zwei Jahren zum Glück abgeschaffte deutsche Grammy-Pendant, sind die Brits natürlich immer. Billie Eilish, Lizzo, Tyler The Creator, Dave und Stormzy haben jede Aufmerksamkeit verdient. Und wie der Moderator der Gala, Jack Whitehall, die völlig berechtigte Kritik aufnahm, dass mal wieder viel zu wenige Frauen nominiert waren, war denkwürdig lakonisch. Er sagte auf der großen Bühne: "Im Geist der Nachhaltigkeit haben die Brits alle Arten von Entschuldigungen dafür recycelt, warum so wenige Frauen nominiert wurden."

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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