Kolumne:Zeigen, was zu sehen ist

Lesezeit: 2 min

(Foto: SZ)

In Düsseldorf wurde eine Ausstellung über einen jüdischen Kunsthändler abgesagt - das war falsch.

Von Catrin Lorch

Dieser Tage wird auch in New York und Paris, in Montreal und Haifa kommentiert, dass in Düsseldorf eine Ausstellung des Stadtmuseums über Max Stern vom Oberbürgermeister Thomas Geisel kurzfristig abgesagt wurde - "aufgrund aktuell laufender Auskunfts- und Restitutionsgesuche in deutschen Museen". Der jüdische Kunsthändler Stern, von den Nationalsozialisten enteignet und ins Exil getrieben, wurde in Montreal nach dem Krieg zu einem bedeutenden Vermittler der Moderne. Die Absage der für Februar geplanten Ausstellung, die noch nach Kanada und Israel reisen sollte, beschäftigt auch internationale Kunstmagazine und Tageszeitungen, im Internet zirkuliert eine Protestnote, und Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, nannte die Entscheidung "einen Schlag für alle Opfer des Holocaust". In einem Brief wies er das Stadtoberhaupt zudem darauf hin, dass dessen magere Begründung klinge, als "habe die Stadt etwas zu verbergen". Noch hat niemand die Frage nach Zensur gestellt - doch wohl nur, weil es die Stadt selbst ist, die sich die Schau verbietet.

Geisel kündigte als Ersatz ein Symposium an - doch sind gerade Ausstellungen ein besonders transparentes Format der Auseinandersetzung. Alles, was gezeigt wird, lädt ein zur Kritik und zur Debatte. Ausgangspunkt sollte ein Gemälde von Wilhelm von Schadow sein, das die Direktorin des Stadtmuseums, Susanne Anna, vor drei Jahren an die Erben Max Sterns restituieren musste. Damals kündigte sie an, das Schicksal von Max Stern in Düsseldorf aufzuarbeiten. Jetzt liegen Zeugnisse von Liebesbriefen bis zum Inventar der Galerien bereit. Und als Leihgeber haben Institutionen wie das Lenbachhaus in München und die Londoner Tate Gallery bereitwillig Gemälde zugesagt. Der Oberbürgermeister war selbst eingebunden in die Vorbereitungen - die Grundschüler der Jewish People's and Peretz School in Quebec, die gemeinsam mit israelischen und deutschen Kindern an einem "Baum für Max Stern" arbeiten, haben einen Brief geschrieben, in dem sie sich an Geisels Besuch erinnern. Er habe ihnen einen "Rückwärts-Salto" vorgeführt, ob er nicht mit einer "Vorwärtsrolle" die Schau retten könne? Nicht nur die Kinder, auch die Partnermuseen wurden von der Absage überrascht - was peinlich ist, weil in Kanada mehr als 50 000 Dollar zur Unterstützung des Projekts gesammelt wurden.

Raubkunst ist ein kompliziertes Feld - wer da nicht sorgfältig und verantwortungsbewusst arbeitet, richtet Schaden an. Unabhängig von der Frage, ob vielleicht sogar wissenschaftliche Skrupel Geisel motivierten: Zu dieser hastigen Absage hätte es niemals kommen dürfen. Wenn Düsseldorf nicht zum Synonym werden möchte für einen internationalen Raubkunst-Skandal, muss die Schau im nächsten Jahr stattfinden.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: