Kolumne: Deutscher Alltag:Der B-Präsident

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Einst galt sogar der Siemens-Heinrich von Pierer als möglicher Bundespräsident. Das war dieselbe Zeit, in der man Klaus Zumwinkel für einen anständigen Mann hielt.

Kurt Kister

Bundespräsident Horst Köhler. Das klingt selbstverständlich. War er je etwas anderes? Sparkassendirektor oder Hiwi bei Theo Waigel? Nein. Als Johannes Rau mit seinem netten schwarzen Hund das Schloss Bellevue verließ, kam Köhler. Über Scooter, so hieß der schwarze Hund, hat Rau mal ganz fabelhaft gesagt, dieser sei als Hund eine Katastrophe, als Mensch aber unersetzlich. Rau war vielleicht nicht der bedeutendste Bundespräsident, aber er war sehr angenehm. Mindestens drei seiner Vorgänger waren weder bedeutend noch angenehm.

Gut, dass es Suchmaschinen gibt: Ex-Bundespräsidentengeheimfavorit Heinrich von Pierer. (Foto: Foto: Reuters)

Vor 15 Jahren dann zog Köhler ins Bellevue ein. In Wirklichkeit ist es zwar erst fünf Jahre her, aber weil man Köhler vorher nicht wahrgenommen hat, denkt man, er sei schon ewig Bundespräsident. Außerdem hat er die nötige Mischung aus Heimwerker-Pathos, Patriarchen-Freundlichkeit und Verhuschtheit.

Zu Köhler gehört auch Gesine Schwan, ungefähr so, wie zu Werder Bremen der HSV gehört. Beide B-Vereine müssen immer wieder gegeneinander spielen, genauso möchte Schwan immer wieder Kalifin werden anstelle des Kalifen. Das wird vermutlich an diesem Samstag wieder mal scheitern. Dann bleibt Köhler weitere 15 Jahre Bundespräsident. Sollte allerdings gegen jede Logik der HSV mal Deutscher Meister werden, ist das auch o.k..

Für so einen Tag ist das Internet keine schlechte Sache. Man kann in einer Suchmaschine zum Beispiel "von Pierer" und "Bundespräsident" eingeben. Dann erfährt auch der, der sich nicht mehr daran erinnert, was es für eine Viecherei war, als Westerwelle, Merkel und Stoiber (der war mal wichtig in Bayern) 2004 einen Präsidentenkandidaten ausschnapsten.

Merkel ließ damals von Westerwelle wollüstig den Schäuble verhindern, sodass erstaunliche Leute ins Gespräch kamen: der joviale Skatspieler Töpfer etwa, und etliche national Unbekannte wie Frau Schavan und ein gewisser Köhler. Vorher galt sogar der Siemens-Heinrich von Pierer als eine Möglichkeit. Das war dieselbe Zeit, in der man auch Klaus Zumwinkel für einen anständigen Mann hielt.

Eigentlich sollte mal jemand Bundespräsident werden, der nicht sofort so wirkt, als könnte er (oder auch sie) Bundespräsident werden. Felix Magath zum Beispiel. Der wird sogar mit Wolfsburg Meister, was so schwierig ist, wie wenn die Linkspartei Uli Hoeneß als Spitzenkandidaten gewinnen wollte. Überhaupt könnte man es mit dem Bellevue machen wie beim Fußball: Hat man selbst keinen Gescheiten, kauft man Ausländer.

Zu denken wäre zum Beispiel an den vielsprachigen, silberattraktiven Jean-Claude Juncker, der als Premierminister von Ougadougou auch politische Erfahrung mitbrächte.

© SZ vom 23.05.2009/korc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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