Klassik:Barenboims Akademie

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Daniel Barenboim, 77, ist Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper und Gründer des West Eastern Divan Orchestra. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Er dirigiert und spielt Klavier, er setzt sich für die Versöhnung von Israelis und Arabern ein. Jetzt hat Daniel Barenboim zu diesem Zweck eine Akademie in Berlin gegründet.

Von Wolfgang Schreiber

Es ist ganz sein Ding - Daniel Barenboim, Musikchef der Berliner Staatsoper und seit 1992 Leiter des West-Eastern Divan Orchestra, hat seinen Talenten eine neue Dimension beigefügt: Hausbauer. Jetzt wurde die Barenboim-Said-Akademie im umgebauten Magazingebäude der Staatsoper eröffnet. Eigenartig: Zeitplan und Kosten stimmen exakt - und das in Berlin.

Mit dem Bau der Akademie wurde Mitte 2014 begonnen, die Baukosten betragen 35,1 Millionen Euro, das Außenministerium finanziert die Stipendien für die Studierenden. Im Oktober haben 37 Musikstudenten aus dem Nahen Osten ihre vierjährige Ausbildung begonnen, 90 junge Leute sollen es bei voller Auslastung sein. Zudem wird der neue, von Frank Gehry gebaute Pierre-Boulez-Konzertsaal im März eingeweiht.

Ein "Experiment in Utopie" nennt Barenboim sein Zukunftsprojekt. Der Drang zur Utopie war es auch, der Barenboim und seinen Freund Edward Said, den palästinensischen Literaturwissenschaftler, 1999 das West-Eastern Divan Orchestra gründen ließ, in Weimar. Die Ideen sind weitreichend: Junge Musiker aus Israel und den arabischen Ländern des Nahen Ostens sitzen gemeinsam im Orchester und sie studieren auch gemeinsam in der Berliner Akademie, um über alle politischen Grenzen und Konflikte hinweg zu musizieren, zu leben, zu lernen.

Barenboim aber spricht auch von einem "Projekt im Exil" und fügt hinzu: "Wir alle sind im Exil. Die Akademie müsste in Tel Aviv und Damaskus, in Kairo und Ramallah stehen. Nun steht sie in Berlin, der Hauptstadt der Musik." Dennoch versteht er sie nicht als politisches, vielmehr als ein "humanistisches Projekt". Musik, Philosophie, Ethik und Literatur finden sich in den Lehrplänen. Barenboim zitiert Martin Buber, sein Buch "Ich und Du". Wichtig sei, "dass junge Musiker nicht nur Spezialisten an ihren Instrumenten sind. Ich wollte das verbinden mit der Erziehung zum Denken und Fühlen. Und die Kraft der Musik hat ihren Platz in der Gesellschaft." Übrigens: Daniel Barenboim hat alle Auszeichnungen längst erhalten, außer einer - den Friedensnobelpreis.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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