Kindergeschichte:Das Geheimnis der Erbsensuppe

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Rieke Patwardhan erzählt von Flucht und Freundschaft und Kindern, und die nach manchen Abenteuern hinter das Geheimnis der Großeltern kommen.

Von Heike Nieder

Um dem Flüchtlingsmädchen Lina Deutsch beizubringen, gründen Nils und Evi eine "Integrationsbande". Zunächst läuft alles nach Plan. Die drei treffen sich jeden Nachmittag in der Wohnung von Nils Großeltern, machen dort Hausaufgaben und spielen Kniffel. Doch dann verhält die Oma sich plötzlich eigenartig. Sie sitzt nur noch vor dem Fernseher, um sich die Nachrichten anzuschauen. Außerdem kauft sie jeden Tag Unmengen von Erbensuppe ein. Als Nils' Opa die drei schließlich aus der Wohnung schickt, weil es der Oma nicht gut geht, beschließen sie, das Geheimnis der Erbsensuppe zu lüften.

Der Roman von Rieke Patwardhan sensibilisiert Grundschulkinder für das Schicksal von Flüchtlingen. Das Interesse von Zweit- und Drittklässlern wird auch dadurch geweckt, dass hier von einer Kinderbande erzählt wird. Das von Regina Kehn gestaltete Cover ist ansprechend und originell durch seine Anlehnung an Andy Warhols "Campbells Soup". Die Geschichte wird an keiner Stelle sentimental, sondern zeigt, wie Integration in der Praxis funktionieren kann. Lina gehört schon bald zu Nils' und Evis Bande und trägt mit ihrem speziellen Hintergrund zur Lösung des Falls bei. Am Schluss stellt sich heraus, dass auch Nils' Oma als Kind ihre Heimat verlassen musste.

So schön die Autorin die selbstverständliche Freundschaft zwischen Nils, Evi und Lina beschreibt - an manchen Stellen ist der Plot sehr unrealistisch und arg konstruiert: Der Direktor des Supermarktes, in dem die Oma Erbsensuppe kauft (und klaut), ist zufällig der Vater von Evis Erzfeindin Sofie. Und die Sprechstundenhilfe des Psychiaters der Oma ist Sofies Tante. Diese kommt ihrer Verschwiegenheitspflicht genauso wenig nach wie die Klassenlehrerin, die Nils' Oma auf der Straße lauthals von Linas Schicksal erzählt.

Was man aber am allerwenigsten versteht: Wieso macht der Opa so ein großes Geheimnis aus der Flüchtlingsgeschichte der Oma? Bereits als er zum ersten Mal von früher erzählt, spricht er über seine zukünftige Frau wie über eine Fremde: "Das Mädchen war so alt wie ich und kam in meine Klasse." Auch später, als Nils den Opa direkt auf das Verhalten der Oma anspricht, sagt ihm dieser nicht die Wahrheit.

Klar, der Opa darf nichts verraten, weil sonst der Plot futsch wäre. Aber nachvollziehbar ist das nicht. Ebenso wenig wie die Anhäufung ausschließlich von Erbsensuppe und die Anordnung des Innenministers, dass sich die Bevölkerung wegen des Syrien-Krieges Lebensmittelvorräte zulegen soll.

Ja, es ist wichtig, Geschichten für Kinder zu schreiben, in denen die Integration von Flüchtlingen ganz selbstverständlich funktioniert. Das ist Rieke Patwardhan gelungen. Dennoch ist das Buch wegen des an manchen Stellen überzeichneten und konstruierten Plots nur eingeschränkt zu empfehlen. (ab 8 Jahren)

Rieke Patwardhan : Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir Omas großem Geheimnis auf die Spur kamen. Mit Illustrationen von Regina Kehn. Knesebeck Verlag, München 2019. 144 Seiten, 13 Euro.

© SZ vom 05.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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