Jugendliteratur:Schlechter Verlierer, ich sterbe nicht

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Edward van de Vendels berührendes Buch über den krebskranken Jungen Roy Looman macht Mut. Es ist trotz des harten Themas voller Ironie und zeigt typisches Teenagerleben.

Von Siggi Seuß

Es gibt bereits tiefgründige Romane über krebskranke Kinder und Jugendliche. Denken wir nur an Sally Nicholls "Wie man unsterblich wird" oder John Greens "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Auch aktuell widmen sich mehrere Jugendbücher dem Thema. Eines davon nähert sich ungeschminkt dem Alltag eines jungen Krebskranken, offenherzig und voller Selbstironie: Edward van de Vendels und Roy Loomans "Krebsmeisterschaft für Anfänger".

Edward van de Vendel hat sich bereits mehrmals als Helfer bei der Niederschrift von Grenzerfahrungen junger Menschen bewährt. Jetzt hat er, nach ungezählten Gesprächen mit dem inzwischen 22jährigen Medizinstudenten Roy - bei dem mit 15 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden war - ein Buch geschrieben über die Jahre zwischen dem Ausbruch der Krankheit und der Diagnose "geheilt". In einer offenen Sprache, in der man spürt, wie sehr der Betroffene dem Chronisten seiner Geschichte vertraut. Ebenso auch Rolf Erdorf ,der die Geschichte feinfühlig ins Deutsche übertragen hat.

Van de Vendel übernahm viele Sätze von Roy, der im Buch Max heißt. Nur die Chronologie der Ereignisse wurde vom Schriftsteller dramaturgisch bearbeitet, um den Erzählbogen, der sich über drei Jahre zieht, stabil zu halten. Wenn man also weiß, dass die Spannung zwischen der Schilderung der Ereignisse und der ironischen Reflexion der Leidensgeschichte keine Erfindung des Autors ist, sondern ein bewundernswerter Charakterzug des jungen Roy, dann kann man bei der Lektüre nichts anderes als Mut schöpfen. Max ist ein Kämpfer und leidenschaftlicher Fußballer; so von sich überzeugt, wie man das eben in seinem Alter sein kann. Gleich zu Beginn stellt er klar: "Das hier ist das kränkste Spiel, das ich jemals gespielt habe - aber ich bin ein unglaublich schlechter Verlierer, das heißt: Ich sterbe nicht." Und dann beginnt er zu erzählen: Vom Leben mit den Eltern und den fünf Jahr jüngeren Zwillingsbrüdern, vom plötzlichen Einbruch des Unerwarteten, von Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit der Eltern, Verwandten und Freunde, vom steten Auf und Ab, von Hoffnung und Zweifel, von den sechzehn Chemotherapiedurchgängen, von Blut, Erbrochenem und Schmerzen, von sexuellen Fantasien, von stets präsenten Ängsten während der Therapie und von der großen Angst, die sich danach bei ihm einnistete. Weil Max das Ganze mehr und mehr als Wettkampf begreift - als eine Art "Krebsmeisterschaft" -, zieht er auch jene positiven Faktoren ins Spiel, die ihm zum Sieg verhelfen könnten: Fürsorgliche Eltern, Freunde und Fremde, die trotz der Tragik diesem miesen Gegner immer wieder die ausgestreckte Zunge zeigen.

Mit 18 hat Max den Kampf gewonnen. Vorläufig zumindest. Er weiß, dass starke Gegner manchmal perfide Strategien im Ärmel haben. Aber er hat einen erstaunlich gereiften und augenzwinkernden Blick auf das, was wirklich zählt im Leben. Dass Roy Looman in Edward van de Vendel einen solch empathischen Begleiter und sprachlich versierten Chronisten gefunden hat, ist natürlich ein ganz besonderer Glücksfall für diese ehrliche Erzählung über die Kunst des Überlebens. (ab 14 Jahre)

Edward van de Vendel & Roy Looman: Krebsmeisterschaft für Anfänger. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Carlsen Verlag, Hamburg 2016. 206 Seiten, 13,99 Euro.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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