Jugendbuch:Ein Stuhl zu viel

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Ein bleicher alter Mann, eine nächtliche Seance, Schuld und Sühne, dämonische Katzen und gespenstische Bäume: Dave Shelton schreckt mit Geschworenen, Blut und Mord. Und er begeistert mit schwarzem Humor.

Von Martina Scherf

Dave Shelton: Der 13. Stuhl. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Carlsen Verlag (Königskinder), Hamburg 2016. 304 Seiten, 17,99 Euro. (Foto: v)

Ein neugieriger Junge betritt ein altes, verlassenes Haus, die Holzdielen knarzen, eine dunkle Tür lockt ihn, er tritt ein - und da sitzen schon zwölf Gestalten an einem runden Tisch, jeder vor einer brennenden Kerze. Der 13. Stuhl ist leer, er scheint auf Jack zu warten. Ohne Umschweife landet auch der Leser mitten in der Geisterrunde, und dann geht es los. Die zwölf Geschworenen dieser nächtlichen Séance stellen sich vor, es sind alte und junge darunter, Frauen und Männer, sie lachen und streiten ein wenig, dann fängt einer nach dem anderen an, seine Geschichte zu erzählen. Ein bleicher alter Mann ist der Zeremonienmeister, oder das Medium, ganz wie man will.

Der Gruselfaktor ist hoch, es geht um Untote, um gefährliche magische Augenblicke aber eigentlich um den Tod. Der ist bekanntermaßen unausweichlich, aber in diesen Geschichten kommt er auf die absonderlichste und grausigste Weise daher. Nicht weich gespült und jugendliterarisch in Watte gepackt. Sondern direkt aus dem Leben gegriffen, blutig, drastisch, quälend. Es geht um Mord und Totschlag, Schuld und Sühne, um dämonische Katzen und gespenstische Bäume. Der Wahnsinn verfolgt die Erzähler in vielen Facetten.

Ein bleicher alter Mann als Zeremonienmeister der nächtlichen Séance

Dabei sind die zwölf Geschworenen ganz normale Leute, ein Schulmädchen und ein Taxifahrer, ein Professor und ein Holzfäller, ein Seemann und der Sohn eines Bestatters. Jeder berichtet in seinem ganz eigenen Ton, während die Kerzen langsam herunter brennen. Dann ist Jack dran, der wie gebannt gelauscht hat. Und er weiß, was er jetzt erzählen muss.

Der britische Autor und Zeichner Dave Shelton hat sich schon in seinem viel gepriesenen Kinderbuch "Bär im Boot" auf bezaubernde Weise mit dem Tod beschäftigt. "Der 13. Stuhl" variiert das Thema und lebt von dem Schaudern, das einen beim Lesen überkommt, gepaart mit schwarzem Humor. Und weil sein kleiner Protagonist, der neugierige Jack, geblieben ist und die Angst überwunden hat, weiß er am Ende, was zu tun ist. Er hat geredet.

Und am Ende gilt ja doch: Wer sich gruselt, fühlt sich lebendig. (ab 13 Jahre und für Erwachsene.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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